ICU-Rehab

From A2F to F2A


Newsletter Februar 2025

Liebe Kolleginnen und Kollegen
 
Wir hoffen, dass es Euch allen gut geht.
Wir haben für Euch wie immer eine vielfältige Zusammenfassungen von neuen Studien zur Frührehabilitation und den Newsticker zusammengestellt.
 
Viel Spaß beim Lesen des Newsletters!
Marina, Sabrina & Peter
 
 
STUDIEN
 
CPAx Assessment: Frührehabilitation planen und evaluieren
Das CPAx ist ein tolles Instrument zur Evaluation der körperlichen Funktion und Aktivität von kritisch kranken Patient:innen von Intensivstationseintritt (nach 72 Stunden) bis zur Entlassung aus dem Krankenhaus. Damit die 10 Items wie Atmung, Hustenfunktion, Handkraft, Gleichgewicht und Mobilität reliabel beurteilt werden, ist ein E-Learning empfohlen (2 Stunden). Seit Juni 2022 ist das deutsche E-learning zum CPAx kostenlos online verfügbar (Link: https://easylearn.insel.ch/login). In diesem Rahmen haben wir überprüft, wie gut die Reliabilität von neuen CPAx Nutzer:innen ist. Das heisst, wir haben gemessen ob die CPAx Beurteilung eines Videobeispiels von Pfleger «Peter» und Physiotherapeutin «Sabrina» übereinstimmt (Inter-rater Reliabilität). Ebenfalls haben wir geschaut ob, eine spätere Re-Evaluation der gleichen Person zu ähnlichen Resultaten führt (Intra-rater Reliabilität). Nun konnten wir zum ersten Mal zeigen, dass ein kurzes E-Learning zu einer sehr guten Übereinstimmung zwischen unterschiedlichen Ratern (mit unterschiedlichen Professionen und Settings aus Österreich, Deutschland und der Schweiz) und innerhalb derselben Rater sehr hoch ist (das heisst nur geringe Messfehler hat). Zudem haben wir gefragt wie die Teilnehmenden die Praktikabilität des CPAx beurteilen. Insbesondere fällt da eine kurze Dauer zur Bewertung auf (5 min nach einer Standardbehandlung, z.B. einer Mobilisation), wobei gerade die Handkraft unterschiedlich positiv gewertet wurde. Ein Grund dafür ist wohl das spezifische Messgerät welches oft vor Ort fehlt, jedoch sehr objektive Werte zur Kraft liefert. Das CPAx scheint ideal für die Planung und Evaluation der Frührehabilitation, wobei fehlende Zeit, Dokumentationsmöglichkeit oder Erfahrung wichtige Barrieren sind. Es gab auch einige Schwierigkeiten zur Beurteilung des Videos zum Beispiel die benötigte Unterstützung abzuschätzen, dafür konnten Workshops in Zukunft eine Möglichkeit werden. Falls ihr einen solchen für euer Krankenhaus wünscht, meldet euch doch bei uns und wir werden schauen, ob wir solche in der Zukunft organisieren können (Mail: sabrina.eggmann@insel.ch). Wir danken auch allen vom Netzwerk sehr herzlich welche bei der Umfrage mitgemacht haben!
Eggmann et al. (2025) Reliability, validity and practicability of the Chelsea Critical Care Physical Assessment tool (CPAx) following an e-learning programme: A clinimetric study. Intensive and Critical Care Nursing. Link https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0964339725000205
 
 
Unerwünschte Ereignisse der Frühmobilisierung
Frühmobilisierung von kritisch kranken Patient:innen ist eine der effektivsten Maßnahmen zur Frühmobilisierung, dennoch gibt es mitunter unerwünschte Ereignisse während der Mobilisierung. Broadley et al. (2025) führten eine retrospektive Analyse der TEAM-Studie durch, einer randomisierten, kontrollierten Phase-III-Studie mit 750 Patient:innen, die in sechs Ländern durchgeführt wurde. Dabei wurde die hochdosierte Frühmobilisierung mit der Standardversorgung verglichen, wobei Daten zu unerwünschten Ereignissen täglich erhoben wurden. Ziel war es, die zeitlichen Abläufe und Merkmale dieser Ereignisse detailliert zu analysieren. Die Analyse ergab, dass in der Frühmobilisierungsgruppe 10% der Patient:innen unerwünschte Ereignisse erlebten, im Vergleich zu 4,3% in der Kontrollgruppe. Am häufigsten traten Blutdruckveränderungen (39,6%), Herzrhythmusstörungen (32,1%) und Sauerstoffdesaturationen (17%) auf. Die unerwünschten Ereignisse traten im Median am vierten Tag in der Frühmobilisierungsgruppe und am siebten Tag in der Kontrollgruppe auf. Patient:innen mit kardiovaskulären Vorerkrankungen wie Herzinsuffizienz, Herzversagen, PAvK und anderen waren signifikant häufiger betroffen. Es wurde jedoch kein Zusammenhang zwischen unerwünschten Ereignissen und einer erhöhten Mortalität festgestellt. Auch diese Patientengruppen sollten natürlich mobilisiert werden, aber kürzer (<20 Min) und mit leicht-moderater Anstrengung. Zu den Limitationen zählen die retrospektive Natur der Analyse, die geringe Zahl unerwünschter Ereignisse und mögliche Überwachungsbias. Die Autor:innen schlussfolgern, dass kardiopulmonale Ereignisse bei der Frühmobilisierung häufig auftreten und eine sorgfältige Patient:innenauswahl notwendig ist. Die Studie bietet wertvolle Erkenntnisse für die sichere und gezielte Umsetzung von Frühmobilisierungsmaßnahmen in der Intensivmedizin in Deutschland.
Broadley et al. Adverse events during and after early mobilisation: A post hoc analysis of the TEAM trial. Australian Critical Care 38 (2025) 101156 Link https://www.australiancriticalcare.com/article/S1036-7314(24)00307-2/fulltext
 
 
ELSO Leitlinie Organisation der Rehabilitation mit ECMO
Die Extracorporeal Life Support Organization (ELSO) hat unter der Leitung von Ramsey eine Leitlinie zur Organisation der Rehabilitation von Patient:innen mit ECMO herausgebracht. Die Rehabilitation von Patient:innen unter ECMO stellt eine besondere Herausforderung in der Intensivmedizin dar, da sie sowohl komplexe medizinische Überwachung als auch gezielte Mobilisationsstrategien erfordert. Vor diesem Hintergrund entwickelten Ramsay et al. (2025) eine Leitlinie zur sicheren und wirksamen Frührehabilitation bei ECMO-Patient:innen. Die Autor:innen führten eine systematische Analyse existierender Studien zur Mobilisation und Rehabilitation von ECMO-Patienten durch. Dabei wurden unterschiedliche Mobilisationsstrategien, deren Wirksamkeit sowie potenzielle Komplikationen analysiert. Die Ergebnisse zeigen, dass frühe Mobilisation, einschließlich passiver und aktiver Physiotherapie, zu einer verbesserten funktionellen Erholung führt und möglicherweise die Gesamtmortalität reduziert. Patient:innen, die während der ECMO-Therapie mobilisiert wurden, zeigten bessere Ergebnisse hinsichtlich Muskelkraft, Mobilität und poststationärer Unabhängigkeit. Gleichzeitig wurden jedoch auch potenzielle Risiken wie Kanülenmigration oder Kreislaufinstabilität beschrieben. Die zentralen Empfehlungen beinhalten:
·       Frühe interprofessionelle Planung: Rehabilitation sollte bereits vor oder unmittelbar nach der ECMO-Kanülierung besprochen werden.
·       Stufenweiser Mobilisationsansatz: Beginnend mit passiver Bewegung, gefolgt von aktiver Mobilisation bis hin zu Aufstehen und Gehen.
·       Individuelle Patienteneinschätzung: Vor jeder Mobilisation sollten Kreislaufstabilität, Oxygenierungsstatus und Kanülenlage überprüft werden.
·       Multidisziplinäres Team: Physiotherapeut:innen, Intensivpflegekräfte, Ärzt:innen und ECMO-Spezialist:innen sollten eng zusammenarbeiten.
·       Spezielle Vorsichtsmaßnahmen: Besondere Aufmerksamkeit auf die Kanülenfixierung, das Vermeiden von Zugkräften sowie kontinuierliche Überwachung während der Mobilisation.
·       Fokus auf Sicherheit: Mobilisation sollte nur unter sicheren Bedingungen und mit geeigneter technischer Unterstützung erfolgen.
·       Barrieren erkennen und reduzieren: Faktoren wie Sedierung, Delir oder organisatorische Hindernisse sollten identifiziert und minimiert werden.
·       Patientenzentrierter Ansatz: Mobilisation sollte an den individuellen Zustand und die Belastbarkeit des Patienten angepasst werden.
Zu den Limitationen der Studie gehören die methodische Heterogenität der einbezogenen Studien sowie die oft fehlende Randomisierung. Dennoch ziehen die Autor:innen den Schluss, dass Mobilisation während ECMO eine machbare und potenziell vorteilhafte Strategie ist. Für die Intensivmedizin im deutschsprachigen Raum bedeutet dies, dass gezielte Mobilisationsprogramme für ECMO-Patient:innen stärker in den klinischen Alltag integriert werden sollten, um langfristige funktionelle Ergebnisse zu verbessern
Ramsey S, Shehatta AL, Ramanathan K, et al. Extracorporeal Life Support Organization 2024 Guideline for Early Rehabilitation or Mobilization of Adult Patients on Extracorporeal Membrane Oxygenation. ASAIO J. 2025 Jan 28. doi: 10.1097/MAT.0000000000002375 https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/39883803/
 
 
ICUAW
Die intensivmedizinisch erworbene Muskelschwäche (ICU-Acquired Weakness, ICUAW) ist eine häufige Komplikation bei kritisch kranken Patient:innen und kann zu langfristigen funktionellen Einschränkungen führen. Hiser et al. (2025) untersuchten in einer Übersichtsarbeit die neuesten Erkenntnisse zur Definition, Epidemiologie, Pathophysiologie, Risikofaktoren und Behandlung der ICUAW sowie die Effektivität physischer Rehabilitation. Die Autor:innen führten eine systematische Literaturrecherche in den Datenbanken PubMed und Embase durch und berücksichtigten Arbeiten aus dem Zeitraum von Januar 2019 bis Mai 2024. Sie identifizierten 60 relevante Studien, darunter systematische Übersichtsarbeiten, Metaanalysen und randomisierte kontrollierte Studien. Die Ergebnisse zeigen, dass ICUAW bei etwa 50 % der kritisch kranken Patient:innen auftritt und mit längerer Beatmungsdauer, erhöhter Sterblichkeit und reduzierter Lebensqualität assoziiert ist. Physiotherapeutische Maßnahmen, insbesondere frühe Mobilisation, scheinen potenziell vorteilhaft zu sein, allerdings sind die Studienergebnisse uneinheitlich. Unterschiede bestehen hinsichtlich der Patientengruppen, der Intensität der Rehabilitation und der Definition von Erfolgskriterien. Als Limitationen nennen die Autor:innen die methodische Heterogenität der Studien sowie unzureichende Daten zur optimalen Rehabilitationsdauer und -intensität. Ein Schwerpunkt des Artikels sind die Diskussion offener Forschunsgfragen, vor allem in der Identifikation der besten Therapieansätze und der Rolle ergänzender Maßnahmen wie Ernährungstherapie. Diese Übersichtsarbeit betont die Notwendigkeit strukturierter Rehabilitationsprogramme und interdisziplinärer Ansätze zur Verbesserung der Langzeitprognose intensivpflichtiger Patienten in Deutschland.
Hiser SL, Casey K, Nydahl P, Hodgson CL, Needham DM. Intensive care unit acquired weakness and physical rehabilitation in the ICU. BMJ. 2025 Jan 27;388:e077292 Link https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/39870417/
 
 
NEWSTICKER
Interessante Studien, für Dich kurz zusammengefasst…
 

REHABILITATION
 
Prähabilitation: In 29 RCT mit 3.508 Patient:innen war eine Prähabilitation zu Hause vs. üblicher Verosrgung von einer geplanten Operation im Krankenhaus mit weniger postoperaitiven Komplikationen (38% vs. 43%) und reduzierter Verweildauer (MD -0,3 Tage) verbunden, bei geringer Sicerheit der Evidenz. D’Amico et al (2025) Link https://www.bjanaesthesia.org/article/S0007-0912(25)00023-6/abstract
 
 
ERAS (early recovery after surgery): Die meisten postoperativen Patient:innen nach einer kolektoralen Operation erreichten das tägliche Mobilisierungsziel von 360 Minuten trotz ERAS®-Pfad nicht. Insgesamt wurden 135- 225 Minuten am Tag 1-3 nach der Operation außerhalb des Bettes verbracht, was ungefähr 1114 bis 1995 Schritten auf der Garmin Vivosmart Watch entspricht. Ist das ERAS®-Ziel also zu hoch angesetzt? Wiesenberger et al. aus Deutschland (2024) Link
https://link.springer.com/article/10.1007/s00423-024-03442-5
 
Stehen: Eine große retrospektive Beobachtungsstudie (n=8017) fand, dass die Unfähigkeit aufzustehen mit erhöhtem Risiko für einen Wiederaufnahme auf die Intensivstation einherging. Die Studie kann keine Kausalität belegen und ist limitiert auf überlebende Patient:innen mit >2 Tage Intensivstationsaufenthalt. Brosseau et al. aus Kanada (2024) Link
https://journals.lww.com/ccmjournal/abstract/2024/12000/association_between_inability_to_stand_at_icu.4.aspx
 
Subarachnoidalblutung (SAB): Eine deutsche Übersichtsarbeit fasst 14 Studien zur Frühmobilisierung von Patient:innen nach einem SAB zusammen, insgesamt ist die Evidenzlage noch sehr schlecht, Frühmobilisation könnte aber auch in dieser Patientengruppe sicher und nützlich sein. Widmaier et al. (2025) Link https://link.springer.com/article/10.1007/s00063-024-01231-y
 
Sicherheit: eine neue Weste ermöglicht die Sicherung der Beatmung während der Mobilisierung. Twose et al (2025) aus Australien Link https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1036731424001139?via%3Dihub
 
Familiäre Beteiligung: Aus Sicht der Familien ist ihre Teilnahme bei der Frühmobilisierung machbar, aber auch beeinflusst durch ihr Gefühl der Bereitschaft und des Zugehörigkeitsgefühls. Cussen et al. (2025) aus Australien Link https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1036731424001206?via%3Dihub
 
Mobilisierung in der Neuro: 180 Mitarbeitende wurden zur Frühmobilisierung in der neurologischen Intensivmedizin in Skandinavien befragt: Wichtige Sicherheitsindikatoren für die Mobilisierung waren der intrakranielle Druck, der zerebrale Perfusionsdruck, die Sedierung. Ghaziani et al. (2025) Link https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/39788872/
 
Team: Die Durchführung von multiprofessionellen Visiten mit Mediziner:innen, Pflegefachpersonen, Pharmazeut:innen, Physiotherapeut:innen und anderen reduziert die Tage bis zum Beginn der Frühmobilisation und erhöht deren Leistung. Shiota et al (2025) aus Japan Link https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2352556825000177?via%3Dihub
 
Familienzentrierte Versorgung in der Pädiatrie : Entwicklung konzeptioneller Leitlinien für die (pädiatrische) familienzentrierte Pflege für die Standardpraxis auf der Intensivstation: Eine konstruktivistisch fundierte Theorie. Abukari et al (2025) Link https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/39643507/
 
Familien & VR: in einem RCT mit 180 Familienangehörigen zeigte eine Information über die Intensivstation mittels VR-Brillen vs üblicher Versorgung keine Vorteile nach 6 Monaten bzgl. Angst, Depression oder PTBS. Drop et al (2025) aus den Niederlanden Link https://ccforum.biomedcentral.com/articles/10.1186/s13054-025-05281-2
 
Intensivtagebücher: die Journalistin N. Himmer hat einen Beitrag in der Apotheken Umschau über Intensivtagebücher veröffentlicht. Klingt zuerst banal, aber die Apotheken Umschau ist mit 9 Mio. Exemplaren die größte Gesundheitszeitschrift in Deutschland und trägt zur Gesundheitsbildung der Bevölkerung bei! Ein Beitrag über Tagebücher wird somit hoffentlich dazu führen, dass mehr Familien von Intensivpatient:innen diese einfache und effektive Intervention nutzen und diese dann auch auf Intensivstationen einführen, auf denen noch keine Tagebücher geschrieben werden. Frau Himmer hat uns damit einen sehr großen Dienst erwiesen – Danke! Link https://www.apotheken-umschau.de/print/au/aa25-02/wie-helfen-intensivtagebuecher-1219379.html
 
Trauerbegleitung bei hinterbliebenen Kindern: Kinder sind als Besuchende auf Intensivstationen willkommen. Wenn es der „letzte“ Besuch bei versterbenden Patient:innen ist, kann dies das Verstehen der Kinder fördern, bedarf aber auch einer professionellen Begleitung. Rowland et al (2025) Link https://doi.org/10.1007/s00134-025-07813-4
 

DELIR
 
Delir & Benzodiazepine: In einer Analyse von 17 RCTs mittlerer Qualität mit 1.509 Patienten erhöhte die Verwendung von Midazolam im Vergleich zu anderen Wirkstoffen das relative Risiko für Delir um 2,39 und die Zeit bis zur Extubation (SMD 1,99) und Intensivtage (SMD 0,63), reduzierte jedoch die Bradykardie (RR 0,52). Chen et al (2025) aus den Niederlanden Link https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0964339725000060
 
Delir & Überleben I: von 3.609 kardiochirurgischen Intensivpatient:innen waren 24.7% (n=891) delirant. Ein Delir war signifikant mit einer erhöhten Mortalität nach 90 Tagen (HR 1,43%) und 180 Tagen (HR 1,33) assoziiert, weiterhin wurden Patient:innen mit Delir eher in eine Langzeitpflegeeinrichtung entlassen (OR 1.65). Xu et al (2025) aus China Link https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/39854133/
 
Delir & Überleben II: in der retrospektiven Analyse von 9.604 Intensivpatient:innen, von denen 22.6% (n=2171) auf der Intensivstation delirant waren, zeigte sich, dass Delir signifikant mit einer erhöhten 4-Jahresmortalität assoziiert war. De Trizio et al (2025) aus der Schweiz Link https://bmcneurol.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12883-025-04025-7
 
Delir & Religion: von 158 Patient:innen in einem Krankenhaus in Indien wiesen 29.7% ein Delir auf, vor allem bei über 80 jährigen und Männern. Interessanterweise wurden keine signifikanten Unterschiede zwischen den Angehörigen verschiedener Religionen (Christen, Muslime, Hindhus) festgestellt. Beruhigend. Jp Grace at al (2025) Link https://www.iosrjournals.org/iosr-jnhs/papers/vol13-issue6/Ser-6/C1306061925.pdf
 
Delir & Fenster: bei 3527 postoperativen Intensivpatient:innen war der Aufenthalt in Räumen mit Fenstern im Vergleich zu Aufenthalten in Räumen ohne Fenster mit einem signifikant 29% erhöhten Risiko für ein Delir assoziiert. Richtig gelesen, aber Vorsicht: wie die Autor:innen berichten, lagen die Patient:innen in den Räumen mit Fenstern mit dem Rücken zum Fenster, konnten also gar nicht nach draußen sehen; außerdem stand vor dem Fenster in kurzer Entfernung das nächste Gebäude, sodass der Faktor Tageslicht nur wenig relevant erscheint. Drittens waren Patient:innnen in den Räumen mit Fenstern tendenziell kränker. Viertens wurde der Auswahlprozess, welche Patient:innen in eines der 13 Zimmer mit Fenstern oder 7 der fensterlosen Zimmer geschoben wurden, nicht beschrieben. Wir haben damals auf einer kombinierten Neuro-Intensivstation und Stroke-Unit den gleichen Effekt beobachten können: Patient:innen in 2-Bettzimmern waren im Vergleich zu denen in einem 5-Bettzimmer signifikant häufiger delirant – aber bei Aufnahme der Patient:innen wurden bei freier Auswahl die leichter betroffenen Patient:innen eben in dem 5-Bettzimmer aufgenommen und die hatten auch ein geringeres Delirrisiko. Anderson et al (2025) aus Australien Link https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/39791968/
 
Schmerz und Delir: in der Meta-Analyse von 7 Studien mit 4.848 Intensivpatient:innen zeigte sich Schmerz im Vergleich zu keinem Schmerz mit signifikant mit Delir assoziiert (OR 2,49), Opiate im Vergleich zu anderen Analgetika ebenfalls (OR 2,49). Leong et al (2025) Link https://link.springer.com/article/10.1007/s00134-025-07784-6
 
Delir & Geriatrie: nach der Meta-Analyse von 35 Studien mit 12.097 stationären Patient:innen ≥60 Jahren liegt die globale Delirprävalenz bei 23,6% (95%CI 19-29%), die Inzidenz bei 13,5% (95%CI 11-17%). Risikofaktoren sind Gebrechlichkeit, Fixierungen, vorherige Stürze, Krankheitsschwere und kognitive Beeinträchtigungen. Mit den Lebensjahren steigen die Risiken für ein Delir OR 1.69 (1.22–2.36), mit mehr Bildungsjahren sinken sie OR 0.92 (0.89–0.94). Wu et al (2024) Link https://doi.org/10.1016/j.ijnurstu.2024.104959
 
Delir & KI: Künstliche Intelligenz könnte zur Risikoberechnung und Früherkennung von Patient:innen mit Delir(-risiko) genutzt werden. Editorial von Joung et al (2025) Link https://doi.org/10.1007/s00134-024-07774-0
 
Delir & Wartezeit: bei 236.169 Patient:innen in der Notaufnahme lag die durchschnittliche Wartezeit bis zur stationären Aufnahme bei 174 Minuten (Zeitspanne: Reinkommen in die Notaufnahme bis als aufgenommene:r Patient:in ins Bett legen), bei Patient:innen mit Delir und/oder Agitation 206 Minuten, bei erhöhtem Alter wurde sie noch länger. Joseph et al (2025) aus den USA Link https://jamanetwork.com/journals/jamanetworkopen/fullarticle/2819838
 
OUTCOME
 
Core Outcome Set: In dieser rigorosen Konsensstudie, an der auch Patient:innen und Angehörige teilnahmen, wurden sechs relevante Outcomes definiert: Überleben, Freiheit von lebenserhaltenden Maßnahmen, Deliriumfreiheit, Entlassung aus dem Krankenhaus, gesundheitsbezogene Lebensqualität und kognitive Funktionen. Kjaer et al. (2025) Link
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/39761440/
 
Risikofaktoren: Zahlreiche Faktoren werden als Risiko für eine intensivstationserworbene Muskelschwäche aufgeführt. Allerdings sind die wenigsten gut belegt und teilweise auch Folge der Erkrankung (Aufenthaltsdauer). Dieser Übersichtsartikel listet die 22 häufigsten Assoziationen auf. Zhang et al. (2025) Link
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0964339725000011?via%3Dihub
 
CPAx & Arbeitsrückkehr: In dieser Beobachtungsstudien von Überlebenden (n=86) eines schweren Unfalls (Verkehr, Schuss- oder Brandverletzung) konnten 74% nach 6 Monaten zurück zur Arbeit, wobei die Meisten (40%) von Veränderungen im Beschäftigungsgrad oder Aufgaben berichteten. Das CPAx bei Intensivstationsaustritt war sehr prädiktiv für die Rückkehr wobei jeder zusätzliche Punkt, die Chance um 6% erhöhte. Bharath et al. (2025) Link https://link.springer.com/article/10.1007/s00068-024-02712-7
 
ICUAW & Dysphagie: Patient:innen mit einer intensivstationserworbenen Muskelschwäche hatten ein 11-fach höheres Risiko für eine Post-Extubations Dysphagie (angepasst an Alter und Aufenthaltsdauer). Ein Screening wäre entsprechend in dieser Population angepasst. García-Grimaldo et al. (2025) Link https://clinicalnutritionespen.com/article/S2405-4577(25)00045-2/abstract
 
Dysphagie II: Ein standardisiertes Dysphagiescreening durch die Pflege fand zwar hohe Akzeptanz und Pflegefachpersonen fühlten sich sicherer in ihrer Entscheidung, trotzdem wurden nur gerade 19% aller Patient:innen während der Einführungsphase gescreent. Nebst Ausbildung braucht es entsprechend auch Dokumentationsmöglichkeiten. Nielsen et al. aus Dänemark (2025) Link https://www.australiancriticalcare.com/article/S1036-7314(24)00210-8/fulltext
 
Ernährungsparameter: In dieser grossen systematischen Übersichtsarbeit mit 123 randomisierten kontrollierten Studien mit kritisch kranken Personen zeigte sich, dass nur wenige Ernährungs- und/oder Rehabilitationsstudien Parameter zur Ernährung rapportieren. Die Ernährung hat einen klaren Einfluss auf die Muskelmasse, entsprechend sollte dies in zukünftigen Studien besser berücksichtigt werden. Rabheru et al. (2025) Link https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0002916524014916?via%3Dihub
 
EQ-5D-5L: Dieser Fragebogen untersucht die gesundheitsbezogene Lebensqualität, eine Studie mit 450 Überlebenden eines Intensivstationsaufenthaltes fand eine sehr gute interne Konsistenz und Validität. Allerdings war der EQ-5D-5L nicht besonders responsiv für Veränderungen, wobei die Resultate auch wenig Veränderung implizieren könnten. Insgesamt 10 Punkte zeigen eine minimale, klinisch relevante Veränderung. De Silva et al. aus Australien (2025). Link
https://journals.lww.com/ccmjournal/abstract/2025/01000/the_psychometric_properties_of_the_euroqol_5d_five.15.aspx
 
Long-COVID: bei 65 jüngeren Intensivpatient:innen (Durchschnittsalter 57 J.) verbesserte sich die Gesundheit und physische Funktion allgemein über ein Jahr, blieb aber immer noch unter der Norm der Bevölkerung, was einen Bedarf für eine kontinuierliche Rehabilitation indiziert. Palmkrantz et al (2025) aus Schweden. Link https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/39921460/
 
Leberersatz: in einer Übersichtsarbeit mit 17 RCT zu Leberersatzsystemen/-filtern vs. üblicher Versorgung konnten keine Effekte auf eine reduzierte 28/30-Tage-Mortalität ermittelt werden, allerdings berichten viele Studien von erfolgreicher Überbrückung bis zur Transplantation. Mehr Forschung ist nötig. Brown et al (2025) Link https://journals.lww.com/ccejournal/fulltext/2025/01000/artificial_liver_support_systems_in_acute_liver.3.aspx
 

GEMISCHTES
 
Fake-Science: gesundheitliche Desinformationen verbreiten sich in Social Media schneller und weiter als eine korrekte wissenschaftliche Information. Eine der größten Aufgaben und Verantwortungen für uns professionelle Mitarbeitende im Gesundheitssystem ist die Identifikation, Aufklärung und Korrektur von gezielten Desinformationen über Gesundheit. Die WHO, EU und die Australier gehen bereits dagegen vor. Editorial im Lancet https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(25)00094-7/fulltext
 
Lungenultraschall: Dieser Artikel beschreibt aufgrund von wachsendem, weltweiten Interesse den Weg für Physiotherapeut:innen, sich in Australien akkreditieren zu lassen. Ntoumenopoulos et al. (2025) Link https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/39634695/
 
Atemmuskeldysfunktionen: Diese Übersichtsarbeit fasst die in der klinischen Praxis verfügbaren Instrumente zur Diagnostik, Phänotypisierung und Behandlung von Atemmuskeldysfunktionen zusammen. Poddighe et al (2024) Link https://publications.ersnet.org/content/errev/33/174/240150
 
Cough-Assist: Eine randomisierte Studie aus Brasilien (n=47) untersuchte den Effekt eines mechanical insufflation-exsufflation (Cough Assist) Gerät bei tracheotomierten Patient:innen mit einem >14-tägigen Aufenthalt auf der Intensivstation. Die Studie gab es in 16% aller Sitzungen ein unerwünschtes Ereignis, was relativ hoch ist, allerdings waren diese hauptsächlich vorübergehend (v.a. Tachykardie, Hypertension). Ansonsten zeigten sich keine Effekte, wobei die Studie dafür zuwenige Patient:innen eingeschlossen hatte. Netto et al. (2025). Link
https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S2173572724003394?via%3Dihub
 
Troubleshooting bei ACV: Bei tracheostomierten Patient:innen ist ein Sprechen über die subglottische Absaugung häufig möglich, führt aber auch zu Problemen, für die es aber auch viele Lösungen gibt. Mils et al (2025) Link https://doi.org/10.1007/s00134-024-07779-9
 
Lagekontrolle: bei 105 Intensivpatient:innen betrug nach Anlage einer gastralen Ernährungssonde betrug bei der Kontrolle anhand des gastralen pH-Wert die Sensitivität, bzw. Spezifität 71,4%, bzw. 92,9%, anhand der CO2-Messung 42,9% bzw. 100%, und in Kombination von pH-Wert und CO2-Messung 100%, bzw. 92,9%. Chen et al (2025) aus China Link https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0964339724003082?via%3Dihub
 
Händehygiene: Eine Aufklärungskampagne "Hand Hygiene Heroes" mit visuellem Material und maßgeschneiderten Aktivitäten über 2 Jahre hinweg erhöhte die Einhaltung der Händehygiene bei Familien, Patienten und Ärzten in 9 Krankenhauseinheiten. Cheng et al (2025) aus Kanada mit tollen Postern im Supplement Link https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/39490414/
 
Mundpflege: in der Analyse von 14 RCT mit 1.644 Patient:innen zum Vergleich verschiedener Mundpflegelösungen zur Vermeidung einer VAP oder Mortalität zeigte sich die gute alte Kochsalzlösung am effektivsten; es gab keine signifikanten Vorteile für CHX und andere Lösungen. He et al. (2025) Link https://linkinghub.elsevier.com/retrieve/pii/S1036731424002054
 
Durst: ist ein häufiges Problem und intensives Gefühl bei Intensivpatient:innen, glücklicherweise gibt es hier für einen Handlungsalgorithmus. Wefer et al (2025) Link https://doi.org/10.1007/s00063-025-01251-2
 
Ernährung: ausgezeichnete Übersichtsarbeit zur Ernährung von Intensivpatient:innen. Reigner et al (2025) Link https://www.bmj.com/content/388/bmj-2023-077979
 
Alkoholentzugssyndrom: gute Übersichtsarbeit zum Management des Alkoholentzugssyndroms inklusive Algorithmen. Kast et al (2024) Link https://www.bmj.com/content/388/bmj-2024-080461
 
Marathon: die Vor- und Nachteile des Marathonlaufs. Für die Sportler:innen unter uns eine ausgezeichnete, 67-seitige Lektüre, vor allem die Übersicht über mögliche Pathologien während des Laufs und in der ersten Woche danach. Braschler et al (2025) https://sportsmedicine-open.springeropen.com/articles/10.1186/s40798-025-00810-3
 
LEITLINIEN / POSITIONSPAPIERE
 
Alte Menschen zu Hause: WHO Empfehlungen zur Versorgung von geriatrischen Personen https://www.who.int/publications/b/71300
 
Beatmung: eine Leitlinie zur Beatmung aus Brasilien mit 38 Empfehlungen https://doi.org/10.62675/2965-2774.20250242-en
 
Personalbesetzung, Organisation und Arbeitsstunden auf Intensivstation in Frankreich. Terzi et al (2025) Link https://doi.org/10.1186/s13613-025-01432-4
 


Was wir nicht erwähnt haben: zugegeben, die Auswahl der hier berichteten Studien ist willkürlich und interessiert Euch hoffentlich. Dennoch gibt es in jedem Newsletter Studien, die wir bewusst nicht erwähnen, weil sie u.a. im Volltext in uns fremden Sprachen, in umstrittenen Fake-Science-Verlagen, mit fragwürdigen Methoden, Ergebnissen oder Schlussfolgerungen oder aus ähnlichen Gründen publiziert worden sind.
Aber auch wir lesen nicht alles: sollten wir eine erwähnenswerte Studie übersehen haben, so sind wir dankbar für einen Hinweis!
 
 
Bleibt in Bewegung und bleibt gesund
Im Namen der DIVI Sektion Intensivmedizinische Frührehabilitation grüßen
Marina Ufelmann, Sabrina Eggmann & Peter Nydahl
 

Marina Ufelmann, GKP, BScN, MScN, ANP und stellv. Sprecherin der DIVI Sektion Intensivmedizinische Frührehabilitation, Klinikum rechts der Isar in München, Deutschland
 
Dr. Sabrina Eggmann, Physiotherapeutin, MSc, Institut für Physiotherapie, Inselspital, Universitätsspital Bern, Schweiz, bzw. Monash University Melbourne, Australien
 
PD. Dr. Peter Nydahl, GKP, BScN MScN, Pflegeforschung und -entwicklung, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Kiel, Deutschland
 

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