ICU-Rehab

From A2F to F2A


Newsletter Dezember 2024

Liebe Kolleginnen und Kollegen

Wir hoffen, dass es Euch allen gut geht.
Wegen der DIVI Konferenz nächste Woche kommt der Newsletter etwas früher. Wir haben für Euch wie immer eine interessante Sammlung mit Hinweisen auf Webinare, Zusammenfassungen von neuen Studien zur Frührehabilitation und den Newsticker zusammengestellt.

Viel Spaß beim Lesen des Newsletters!
Sabrina & Peter

WEBINARE

9.12. ADS 2024 Year In Review Webinar (Engl)
17.00-18.00 American Delirium Society. Link

10.12. Bedürfnisse von Angehörigen und Familienintegration auf der ITS mittels eines standardisierten Programms (Engl)
19.00-19.45 Boukje Dijkstra, NL
Link

11.12. DIVI Sektion ICU-Rehab: Die Zeit nach der Intensivstation: PICS
18:00-19:30 Moderation: B. Teigeler, P. Nydahl. Referentinnen: T. Deffner (Psychologin), K. Gabriel (Angehörige), MM Jeitziner (Pflegewissenschaftlerin), C. Renner (Ärztin), C. Scheffzük (Ärztin) (Kooperation mit DIVI Sektion PICS). Anmeldung Link

16.12. Berufsbegleitendes Studium „angewandte Pflegewissenschaft“.
18.00-19.00 C. Szyca (Kooperation UKSH) Code: Fobi Link


UMFRAGEN/PREISE

DGNI Pflege- und Therapiepreis: Mit dem Pflege- und Therapiepreis möchte die Deutsche Gesellschaft für NeuroIntensiv- und Notfallmedizin Pflegefachpersonen und Therapeut:innen würdigen, die mit ihrem professionellen, pflegerischen, therapeutischen Wissen und Handeln zur Verbesserung der Versorgung von Neuro-Intensivpatient:innen beitragen. Einsendeschluss 15.12.2024 Link


STUDIEN

Reha im Schaukelstuhl
Könnte bei Patient:innen auf einer Intensivstation, die an Delir leiden, das Sitzen in einem Schaukelstuhl helfen, ihre Genesung zu fördern? Ein Team aus Dänemark hat dies untersucht. In einer RCT wurden 149 Patient:innen zufällig einer von zwei Gruppen zugeteilt: Die einen saßen täglich mindestens 20 Minuten in dem elektronischen Schaukelstuhl, die anderen in einem normalen Stuhl ohne Schaukelbewegung. Ziel war es, herauszufinden, ob die Schaukelbewegung die Anzahl der Tage ohne Koma oder Delir innerhalb von zwei Wochen erhöhen würde. Obwohl die Idee vielversprechend klang, zeigte sich am Ende kein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Gruppen. Die mediane Anzahl an Tagen ohne Koma oder Delir innerhalb von zwei Wochen betrug in der Schaukelstuhlgruppe 8,8 Tage (Interquartilsabstand: 1,0–13,0 Tage) und in der Gruppe ohne Schaukelbewegungen 9,4 Tage (1,0–13,0 Tage). Der durchschnittliche Unterschied lag bei -0,73 Tagen (95%-Konfidenzintervall: -2,05 bis 0,58 Tage; p=0,28). Die Schaukelbewegungen schienen keine bedeutsamen Vorteile zu bieten. Ob der Schaukelstuhl im Nachtdienst von den Kolleg:innen zweckentfremdet worden ist, wurde nicht berichtet ☺ Trotzdem eine sehr interessante Studie.
Collet, Marie Oxenbøll RN, PhD1,2; Nielsen, G. M. RN1; Thorn, Linette RN, MHS3; Laerkner, Eva RN, PhD4,5; Fischer, Susanne RN, MKS6; Bang, Benita RN7; Langvad, Anne RN, MKS8; Granholm, Anders MD1,2; Egerod, Ingrid RN1,2. Rocking Motion Therapy for Delirious Patients in the ICU: A Multicenter Randomized Clinical Trial. Critical Care Medicine ():10.1097/CCM.0000000000006495
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Mobilisierung mit vasoaktiven Medikamenten
Die vorliegende Studie untersuchte die Machbarkeit und Sicherheit der frühen Mobilisation von Patient:innen mit Schock, die vasoaktive Medikamente auf der Intensivstation erhielten. Ziel war es zu klären, ob eine frühe Mobilisation unter diesen Bedingungen möglich und sicher ist. Für die Studie wurde eine systematische Übersichtsarbeit und eine Meta-Analyse durchgeführt. Hierbei wurden Beobachtungsstudien berücksichtigt, die Erwachsene betrafen, die vasoaktive Medikamente benötigten und frühzeitig mobilisiert wurden. Die Literaturrecherche in verschiedenen wissenschaftlichen Datenbanken ergab insgesamt 1875 Studien, von denen acht mit insgesamt 13.143 Patient:innen in die Übersichtsarbeit und fünf in die Meta-Analyse aufgenommen wurden. Die Ergebnisse zeigten, dass 64% der Patient:innen mit niedrigen Dosen vasoaktiver Medikamente erfolgreich mobilisiert werden konnten, 30% mit mittleren Dosen und 7% mit hohen Dosen, meist Dopamin, Dobutamin, Epinephrin, Norepinephrin, Vasopressin, Levosimendan, Milrinon u.a. Der Anteil an unerwünschten Ereignissen war mit 2% relativ gering, was auf eine insgesamt gute Sicherheit der frühen Mobilisation hinweist. Dies gilt insbesondere, wenn eine sorgfältige Beurteilung jeder/s Patient:in und des hämodynamischen Status vorgenommen wird, um die Interventionen individuell anzupassen. Allerdings bleibt die Frage offen, wie die Dosierung der vasoaktiven Medikamente und das maximal erreichte Aktivitätsniveau im Verhältnis zur Dosierung genau zusammenhängen. Es ist auch wichtig zu beachten, dass sechs der eingeschlossenen Studien eine moderate methodologische Qualität aufwiesen und die gemessenen Ergebnisse eine erhebliche Heterogenität zeigten. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die frühe Mobilisation von Patient:innen mit Schock und dem Einsatz von vasoaktiven Medikamenten grundsätzlich machbar und sicher erscheint, es jedoch weiterer Forschung bedarf, um diese Erkenntnisse zu verifizieren.
Parada-Gereda HM, Pardo-Cocuy LF, Avendaño JM, Molano-Franco D, Masclans JR. Early mobilisation in patients with shock and receiving vasoactive drugs in the intensive care unit: A systematic review and meta-analysis of observational studies. Med Intensiva (Engl Ed). 2024 Nov 16:S2173-5727(24)00261-3
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Inspiratorisches Muskeltraining – IMweanT Trial
Bis zu 35% von kritisch kranken Patient:innen haben ein Weaningversagen von der mechanischen Beatmung aufgrund einer Dysfunktion der Atemmuskulatur. Frühere Studien legen nahe, dass ein inspiratorisches Muskeltraining (IMT) die Atemmuskulatur (PImax) bei schwierig weanbaren Patient:innen stärkt. Der IMweanT Trial setzt da an und untersuchte die Effekte eines hoch-intensiven IMT (Interventionsgruppe) gegenüber eines niedrig-dosierten Sham-IMT (Kontrollgruppe) bei schwer-weanbaren Personen. Beide Gruppen hatte ein tägliches IMT mit dem PowerBreathe bis sie erfolgreich von der Beatmung entwöhnt oder für eine maximale Dauer von 28 Tage. Die Interventionsgruppe (n=44) führte dabei 4 Serien von 6-10 maximalen Inspirationen gegen 30-50% des PImax durch, die Kontrolle (n=46) gegen <10% des PImax. Insgesamt hatten beide Gruppen eine gute Trainingsadhärenz von >70%. Es gab keine Gruppenunterschiede beim Weaningserfolg nach 28 Tagen oder bei der Weaningdauer. Ebenfalls verbesserten beide Gruppen ihren PImax signifikant über die Studiendauer. Unerwünschte Ereignisse (insbesondere hämodynamische oder respiratorische Instabilitäten) traten in 3.2% der Interventionsgruppe und 2.05% der Kontrollgruppe auf, was meistens zu einem Unterbruch des IMTs führte. Die spezifischen Trainingsparameter der Kontrollgruppe (4 Sätzen mit 6-8 kräftigen Atemzügen gegen <10% des PImax) führten interessanterweise zu einer ähnlichen wahrgenommenen Atmungsanstrengung wie die der hochintensiven Interventionsgruppe, obwohl letztere eine deutlich höhere externe Arbeit leistete. Es stellt sich nun natürlich die Frage ob ein tief-dosiertes Training ebenfalls zielführend sein kann, dafür hätte es allerdings eine Kontrollgruppe ohne IMT gebraucht.
Van Hollebeke M, Poddighe D, Hoffman M, Clerckx B, Muller J, Louvaris Z, Hermans G, Gosselink R, Langer D. Similar Weaning Success Rate with High-Intensity and Sham Inspiratory Muscle Training: A Randomized Controlled Trial (IMweanT). Am J Respir Crit Care Med. 2024 Nov 20.
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NEWSTICKER
Interessante Studien, für Dich kurz zusammengefasst…

REHABILITATION

Frührehab & Ernährung: Dieser dreiarmige RCT (n=150) fand, dass gegenüber einer Kontrollgruppe versus Frühmobilisation versus Frühmobilisation plus früher Ernährung die Inzidenz einer intensivstationserworbenen Muskelschwäche in wachen, kritisch kranken Patient:innen signifikant reduziert war (16% vs. 1% vs. 2%). RCT von Zhou et al. (2022) aus China Link


Erfahrung: Kritisch kranke Patient:innen (n=30) berichten, dass Frühmobilisation ein Ausgangspunkt zur Erholung darstellte, indem Hoffnung geweckt und Kampfgeist verstärkt wurden. Fördernd waren auch positive, würdevolle Interaktionen mit dem medizinischen Personal und die Unterstützung zu einer aktiven Teilnahme. Söderberg et al. (2024) aus Schweden Link

Tag-/Nachrhythmus: nach der Implementierung eines chronotherapeutischen Maßnahmenbündel auf einer pädiatrischen Intensivstation konnten mehr Aktivitäten bei Tageslicht beobachtet werden, die Adhärenz im Pflegeteam nahm deutlich zu. Qualitätsverbesserungsprojekt von Curley et al (2024) aus den USA Link

Herzinsuffizienz: In einer Kohorte von 38.302 Patient:innen mit akuter Herzinsuffizienz, die intravenöse inotrope Medikamente benötigten, war eine frühzeitige Rehabilitation innerhalb von 2d mit geringerer Sterblichkeit und Verweildauer verbunden. Beobachtungsstudie von Ueno et al (2024) aus Japan Link

Intrakranieller Druck: Passive Bewegungstherapie (20min) scheint den intrakraniellen Druck – respektive den «Durchmesser der Sehnervenhülle» gemessen via nicht-invasiver Ultraschall-Messung – nicht zu beeinflussen. Kohortenstudie von Küçük et al. aus der Türkei (2024) Link

CPAx: Das CPAx wird auch in Südafrika eingesetzt, wobei eine sehr grosse Streuung von Minimal- bis Maximalwerten bei traumatischen (Verkehrsunfälle oder Schussverletzungen) und medizinischen (Nieren- oder Herzversagen, Diabetes) Patient:innen gefunden wurde. Tjale et al. (2024). Link

Schlaf: bei 51 Intensivpatient:innen war die Schlafqualität nach Verlegung auf die allgemeinen Stationen signifikant besser. 25% bis 60% erlebten auf ICU Schlafprobleme: Lärm, Prozeduren in der Nacht, Zu-/Ableitungen, Unwohlsein, Schmerz, Licht, Delir, Angst/Stress. Beobachtungsstudie von Yee et al (2025) aus Australien, die auch Schlafgewohnheiten und -medikamente erfasst haben Link

A2F in UK: in der Analyse von 1.116 Patiententagen auf 6 Intensivstationen wurde deutlich, dass die Umsetzung des Bundles zwischen 40-70% liegt. Aufwachversuche wurden in 80%, Delirassessments mit validierten Tests nur in 32% umgesetzt. Thompson et al (2024) aus dem Vereinigten Königreich Link

Familien: Die Meta-Synthese von 9 Übersichtsarbeiten mit 124 Studien zur Unterstützung von Angehörigen von Intensivpatienten ergab ein Hauptthema: „Emotionale Schwebezustände und extreme Momente“. Unterthemen waren: Eingehen auf Bedürfnisse, gegenseitige Kommunikation, Humanisierung der Intensivpflege. Pflege-Familie-Dialog ist der Schlüssel. Übersichtsarbeit von Gunnlaugsdottir et al (2024) Link

Familien II: In einer Übersichtsarbeit mit 14 Studien zur Familienzentrierten Versorgung auf Intensivstationen verbessert der Ansatz die Zufriedenheit, den Gesundheitszustand und die Effizienz von Patient:innen, Familien und Gesundheitspersonal. Sie senken zudem die Krankenhauskosten und die Aufenthaltsdauer. Joo et al. (2024) Link


DELIR

Familienintegration: Meta-Analyse mit 11 RCT und 3.113 Intensivpatient:innen mit Familienintegration im Vergleich zur üblichen Versorgung ergab eine signifikante Verringerung des Delirrisikos (RR 0,46), der Delirdauer (WMD -2,18) und der Verweildauer auf der Intensivstation, mit unterschiedlichen Effekten bei den einzelnen Interventionen. Li et al (2024 Link

WDAD 2023: Weltweite Erhebung zum Bewusstsein und zur Qualität von Delirien im Jahr 2023 - eine weltweite Punktprävalenzstudie in 44 Ländern, auf >1.600 Stationen, mit >36.000 Patient:innen, wobei sich zeigte, dass einer von fünf Patient:innen im Delir ist. Prävalenzstudie von Lindroth et al. (2024) Link

WDAD 2023 in Südamerika: Die WDAD-Studie hob die geringe Beteiligung südamerikanischer Länder an der Delirforschung hervor und stellte die Frage, wie das Bewusstsein für Delir in dieser Region gesteigert werden kann. Es besteht dringender Bedarf an der Implementierung zusätzlicher Protokolle, der Erweiterung des Wissens über die Störung und der Bereitstellung besserer Werkzeuge für die Praxis. Nawa et al. (2024) aus Brasilien Link

EEG: eine Einkanal-EEG zur Erkennung von Delir kann bei Patient:innen mit Schlaganfall in der Hälfte zu falsch positiven Ergebnissen führen. Kohortenstudie von Hermann et al (2024) aus Deutschland Link

Midazolam: bei 5.663 Patient:innen ≥65J., die sich einer geplanten nicht-kardiochirurgischen Operation unterzogen, war die intraoperative Gabe von Midazolam nicht mit einem erhöhten Risiko für ein Delir assoziiert. Kohortenstudie von Li et al (2024) aus China Link

Gebrechlichkeit: Gebrechlichkeit und Delirium sind zwei häufige geriatrische Syndrome, die mehrere klinische Merkmale, Risikofaktoren und negative Folgen gemeinsam haben. Das Verständnis ihrer wechselseitigen Abhängigkeit ist entscheidend, um gemeinsame Mechanismen zu identifizieren und Maßnahmen zur Reduzierung der damit verbundenen Belastung umzusetzen. Übersichtsarbeit von Bellelli et al. (2024) Link


OUTCOME

K-force® Dynanometrie: könnte die Diagnosestellung von einer intensivstationserworbenen Muskelschwäche (ICUAW) bei sehr schwachen Patient:innen (n=30) unterstützen, wobei sehr gute intra- und interrater Reliabilitäten gefunden wurden (ICC >0.9). Van Iperen aus den Niederlanden (2024) Link

PICS Mentale Gesundheit: „Alle Überlebenden der Intensivstation sollten auf psychische Störungen untersucht und zur Behandlung an psychosoziale Fachkräfte überwiesen werden“. Ausgezeichnete Übersichtsarbeit mit Empfehlungen für Assessments, Interventionen und Versorgung. Hall-Melnychuk et al. (2025) Link

PICS Physische Gesundheit: Die körperliche Genesung nach intensivmedizinischer Behandlung ist variabel. Während viele Patienten ihr ursprüngliches Funktionsniveau erreichen können, bleiben einige dauerhaft beeinträchtigt. Aktuelle Behandlungsansätze im physischen Bereich von PICS basieren auf begrenzter Evidenz, weshalb weitere Forschung notwendig ist. Übersichtsarbeit von Fresenko et al (2024) Link

PICS-Family: " Mitarbeitende der Intensivstation können PICS-F durch offene Intensivstationen, Intensivtagebücher und familienzentrierte Pflege reduzieren.". Übersichtsarbeit von Smith et al. (2024) Link

Die finanziellen Folgen von PICS: „...etwa 80 % der Überlebenden haben mit finanziellen Belastungen zu kämpfen, darunter medizinische und nicht-medizinische Ausgaben, Schulden, aufgebrauchte Ersparnisse und Arbeitslosigkeit“. Ein komplexes Phänomen, das leider lange anhält. Übersichtsarbeit von Su et al (2024) Link

PICS: Risikofaktoren und Effektstärken für PICS in 120 Studien. Starke Übersichtsarbeit von Gao et al (2024) Link

Soziale Determinanten: bei 74 Überlebenden der Intensivstation und ihren Angehörigen erschwerten soziale Faktoren die Genesung von Schwerstkranken in den Bereichen Beschäftigung und Finanzen, Wohnungseinrichtung, Transport, Lebensmittel und Ernährung, Medikamente und soziale Unterstützung. Kohortenstudie von Howard et al (2024) aus Kanada Link

Beatmete Kinder: Bei 382 Kindern erhöhte eine Beatmung von ≥13 Tagen signifikant die Sterblichkeitsrate, das Risiko eines Extubationsversagens und die Häufigkeit von Tracheotomien sowie die Dauer des Aufenthalts auf der pädiatrischen Intensivstation (PICU), den gesamten Krankenhausaufenthalt und die Kosten. Kohortenstudie von Chen et al (2024) aus China Link

Koma nach Herzstillstand: in der Analyse von 45 Studien mit 5.800 komatösen Überlebenden eines Herzstillstands zu medikamentösen Therapien konnte kein Einfluss auf die Mortalität nachgewiesen werden. Meta-Analysen zu Steroiden, Coenzym Q10 und Thiamin zeigten ebenfalls keinen Nachweis für einen Einfluss auf die Sterblichkeit. Meta-Analyse von McGuidan et al (2024) Link

PICS: Durch umfangreiche Therapie und Pflege auf Intensivstationen kann das Leben vieler kritisch kranker Menschen gerettet werden. Für die meisten Überlebenden beginnt danach eine jahrelange Rehabilitation, da kritische Erkrankungen und intensivmedizinische Behandlungen zu physischen, kognitiven, psychischen und sozialen Beeinträchtigungen führen können, bekannt als Post-Intensive-Care-Syndrom. Bestimmte
Frührehabilitationsmaßnahmen auf der Intensivstation können die Lebensqualität der Betroffenen und ihrer Familien nachhaltig verbessern. Übersichtsartikel von Nydahl et al (2024)
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GEMISCHTES

Lungentransplantation: Dieser ausführliche Übersichtsartikel fasst den aktuellen Stand für Lungentransplantationen zusammen von Kanditat:innen zu Risikofaktoren, Organauswahl, Operationskomplikationen und post-operatives Management bis hin zu Langzeitfolgen. Christie et al. (2024) Link

Choosing wisely auf Schwizer Dütsch: eine Schweizer Arbeitsgruppe hat die Choosing Wisely Kampagne auf die Intensivpflege übertragen und ist auf sinnvolle Resultate gestossen: Moser-Meider et al (2024) Link

VAP: in einer Meta-Analyse mit 7 RCT und 1.465 Patient:innen führte die präventive Inhalation von Antibiotika im Vergleich zu Placebo zwar zu einer signifikanten Reduktion der VAP Rate (RR 0,69, 95%CI 0,51-0,92), aber nicht zu einer Reduktion der Mortalität (RR 0,9, 95%CI 0,74-1,09) oder Verweildauer. Hsu et al (2024) Link

Paracetamol-Challenge: iv verabreichtes Paracetamol wirkt genauso wie eine Tablette, verbraucht aber 16x soviel CO2 in der Produktion und kostet mehr. Die Niederländer haben daher die Paracetamol-Challenge zur Reduktion der iv Gabe gestartet. Rettet nicht die Welt, ist aber ein guter Anfang. Hunfeld et al (2024) Link

Clonidin: Bei 80 elektiven chirurgischen Patient:innen, die postoperativ auf die Intermediate Care Unit aufgenommen wurden, war niedrig dosiertes, nicht titriertes Clonidin (0.3 μg/kg/h) im Vergleich zu Placebo mit längerer und subjektiv besserer Schlafqualität assoziiert. RCT von Liu et al (2024) aus Australien Link

Mobile Überwachung: Tragbare Sensoren bieten neue Möglichkeiten für die Patientenüberwachung und fördern die Patientenmobilität, doch es fehlt an unabhängigen Studien zur Überprüfung ihrer Zuverlässigkeit im klinischen Alltag. Übersichtsarbeit von Michard et al (2024) Link

Psychostimulanzien: In einer Befragung von 381 Studierenden in Brasilien gaben ein Fünftel an, Psychostimulanzien zur kognitiven Leistungssteigerung zu nutzen, vor allem in Medizin und Psychologie, die Hälfte berichtet von z.T. schweren Nebenwirkungen. Trotzdem glaubten viele, dass ihre Studienleistung ohne die Medikamente schlechter wäre. Besorgniserregend. Survey von Moreira et al (2024) Link

Einarbeitung: nach einer Befragung von 103 Pflegefachpersonen und 125 Ärzt:innen aus Deutschland wurde deren Einarbeitung im Intensivbereich als inadäquat und sicherheitsgefährdend eingestuft. Zeit zur Reflexion. Naendrup et al (2024) Link

Pflegewissenschaft: Pflegewissenschaftler:innen an deutschen Universitätskliniken sind in zahlreiche Forschungsprojekte involviert, doch Zeitdruck und unzureichende Finanzierung erschweren nicht nur die klinische Arbeit, sondern auch den Erhalt ethischer Genehmigungen. Die unterschiedlichen Anforderungen und Prozesse bei den Ethikkommissionen führen zu Unsicherheit und erschweren die Durchführung von Studien. Survey von Seidlein et al (2024) Link


LEITLINIEN / POSITIONSPAPIERE

Elektive Chirurgie: Präoperative Untersuchung von Erwachsenen, die sich einer elektiven nicht-kardialen Operation unterziehen. European Society of Anaesthesiology and Intensive Care. Lamperti et al (2024) Link

Handlungsfelder: Interprofessionelle Handlungsfelder der Pflegefachpersonen in der Klinischen Akut- und Notfallmedizin. Empfehlungen der DIVI und der DGF. Link

Nierenersatztherapie: S3 Leitlinie Nierenersatztherapie in der Intensiv- und Notfallmedizin Link



Was wir nicht erwähnt haben: zugegeben, die Auswahl der hier berichteten Studien ist willkürlich und interessiert Euch hoffentlich. Dennoch gibt es in jedem Newsletter Studien, die wir bewusst nicht erwähnen, weil sie u.a. im Volltext in uns fremden Sprachen, in umstrittenen Fake-Science-Verlagen, mit fragwürdigen Methoden, Ergebnissen oder Schlussfolgerungen oder aus ähnlichen Gründen publiziert worden sind.
Aber auch wir lesen nicht alles: sollten wir eine erwähnenswerte Studie übersehen haben, so sind wir dankbar für einen Hinweis!


Bleibt in Bewegung und bleibt gesund
Im Namen der DIVI Sektion Intensivmedizinische Frührehabilitation grüßen
Sabrina Eggmann & Peter Nydahl


Dr. Sabrina Eggmann, Physiotherapeutin, MSc, Institut für Physiotherapie, Inselspital, Universitätsspital Bern, Schweiz, bzw. Monash University Melbourne, Australien

PD. Dr. Peter Nydahl, GKP, BScN MScN, Pflegeforschung und -entwicklung, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Kiel, Deutschland





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