Wir hoffen, dass es Euch allen gut geht. Wir haben für Euch eine interessante Sammlung von neuen Studien zur Frührehabilitation, und den Newsticker mit Frühreha, Delir, Outcome und Sonstigem zusammengestellt.
Viel Spaß beim Lesen des Newsletters! Sabrina & Peter
UMFRAGEN Sonographie durch Pflegefachpersonen? Survey zur Sonographie durch Pflegefachpersonen in unterschiedlichen Settings mit Anwendung in der Praxis, Schulung, Dokumentation, und andere Fragen. Der Survey läuft bis zum 2.9.2024 Link
WEBINARE
13.08. DIVI Sektion ICU-Rehab: Palliative Physiotherapie auf der Intensivstation
19.00-20.00 Referentin: A. Müller Bei DIVI registrieren
21.08. DIVI Sektion Pflegeforschung: Angehörige auf der Intensivstation
17.00-18.00 Referentin M. Ufelmann. Bei DIVI registrieren 27.08. Beatmung bei ARDS (Kooperation UKSH) 18.00-18.45 Referent: D. Schädler Link Code "DIVI4Rehab"
STUDIEN
CYCLE Trial – randomisierte kontrollierte Studie Nach 7 Jahren wurde endlich der lang erwartete CYCLE Trial publiziert. Diese randomisierte kontrollierte Studie untersuchte ein zusätzliches Fahrradtraining im Bett als Ergänzung zur Standardphysiotherapie auf der Intensivstation. Insgesamt wurden 360 erwachsene kritisch kranke – zuvor selbständige – Personen mit invasiver Beatmung eingeschlossen. Das primäre Outcome war der PFITs, das ist ein performance-orientiertes, funktionelles Assessment, welches durch verblindete Physiotherapeut:innen 3 Tage nach Intensivstationsaustritt erhoben wurde. Insgesamt fuhren 92% der CYCLE Gruppe (n=164) im Bett Fahrrad innerhalb 2 Tage nach Intubation für jeweils 27min und 1km per Sitzung. Zusätzlich hatten die meisten Patient:innen Standard-Physiotherapie für 24min. Insgesamt gab dies eine Therapiedauer von 47min pro Tag auf der Intensivstation. Die Kontrollgruppe hatte ebenfalls viel Therapie (94%, innerhalb von 2 Tagen) mit einer Dauer von 29min. Die Standard-Physiotherapie beinhaltete mehrheitlich Atemtherapie (40%), Bewegungstherapie (passiv & aktiv) (71%), Bettaktivitäten (33%) und Sitzen an der Bettkante (38%). Trotz hohem Krankheitsschweregrad (APACHE II >23), saßen beide Gruppen innerhalb von 6 Tagen an der Bettkante (>70%). Der IMS bei Austritt war 5. Diese Zahlen sind eindrücklich und wahrscheinlich auch ein Grund, weshalb es keine Unterschiede im primären Outcome (PFITs) wie auch in den sekundären Outcomes (Beatmungs- und Aufenthaltsdauer, 30s-sit-to-stand, 2-min Walking Test, Muskelkraft) gab. Die gemessenen Werte waren insbesondere auch eindrücklich, weil sie den Normwerten von 90-jährigen Personen entsprachen, obwohl das Durchschnittsalter bei 61 Jahren lag. Dies zeig wiederum, wie schwer eine kritische Erkrankung die Funktion und Aktivität beeinträchtigt. Bezüglich der Sicherheit gab es keine schweren Ereignisse, sondern mehrheitlich vorübergehende physiologische Veränderungen bei insgesamt 5.7% aller Fahrradsitzungen. Gründe für diesen „kein Effekt“ sind möglicherweise die gute Therapie in der Kontrollgruppe, fehlende Kontrolle der Sedation, die Patientenpartizipation (aktiv versus passiv) oder die Intensität. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ein frühes Fahrradtraining eine gute und sichere Ergänzung zur standardmäßigen Physiotherapie sein kann. Allerdings nicht besser ist als eine früh-startende (innerhalb 48 Stunden) standardmäßigen Physiotherapie welche Atemtraining, Bettaktivitäten und Mobilisation beinhaltet. Kho ME, Berney S, Pastva AM, Kelly L, Reid JC, Burns KEA, Seely AJ, et al. Early In-Bed Cycle Ergometry in Mechanically Ventilated Patients. NEJM Evid. 2024
Protokolle zum Delirmanagement Ein Delir ist eine häufig übersehene Komplikation bei Patient:innen in Krankenhäusern und führt oftmals zu verlängerten Aufenthalten, reduzierter Kognition und erhöhter Mortalität. Um die Achtsamkeit mehr auf das Delir und deren Prävention und Therapie zu lenken, haben wir in Kooperation mit nationalen und internationalen Fachgesellschaften ein weltweites Forschungsnetzwerk zum Delir gegründet. Als eine der ersten Projekte wurde am 15. März 2023 eine 1-Tagesprävalenzstudie zum Delir durchgeführt, u.a. mit der Erfassung von der Rate an Delirien auf Stationen, aber auch vorhandenen Protokollen, validierten Assessments vs. Bauchgefühl, Maßnahmen zur Prävention und Therapie, Schulungen, Kooperation und Barrieren. Im Ergebnis konnten Daten aus 44 Ländern, 1.664 Stationen/ICU und 36.048 Patient:innen erfasst und analysiert werden. Im Mittelwert war nahezu jeder fünfte Patient:in delirant (18%, untersucht mit validierten Assessments). Validierte Delirium-Assessments wurden in 66,7% (n=1.110) der Stationen/ICU verwendet, 18,6% (n=310) nutzten persönliche Einschätzungen oder keine Bewertung, und 10% (n=166) verwendeten andere Bewertungsmethoden. Ein Protokoll zum Delirmanagement wurde in 66,8% (n=1.094) der Stationen/ICU berichtet. Das Vorhandensein von Protokollen für das Delirmanagement variierte zwischen den Kontinenten und reichte von 21,6% in Afrika bis zu 90,4% in Australien. Ähnlich variierte die Nutzung validierter Delir-Assessments von 29,6% in Afrika bis zu 93,5% in Nordamerika. Die am häufigsten berichteten Präventionsmaßnahmen waren Schmerzmanagement (90,4%, n=1.462), Mobilisierung (86%, n=1.390) und ausreichende Flüssigkeitszufuhr (84,1%, n=1.360). Die am häufigsten gemeldeten pharmakologischen Interventionen waren Haloperidol (51,9%, n=787), Quetiapin (42,8%, n=649) und die Reduzierung delirogen wirkender Medikamente (33,7%, n=511). Personalmangel (58,4%, n=930), fehlende Zeit zur Schulung des Personals (52,4%, n=834) und fehlendes Wissen über Delirium (40,4%, n=644) waren die am häufigsten berichteten Barrieren. Das Vorhandensein eines Delir-Protokolls erhöhte die Wahrscheinlichkeit für ein valides Delir-Assessments um das 7-fache und war signifikant mit einer besseren Delirprävention und -behandlung assoziiert und entsprach eher den Empfehlungen aus Leitlinien. Wenn Ihr also noch keine Protokolle zum Delir habt, implementiert welche! Nydahl P, Liu K, Bellelli G, Benbenishty J, van den Boogaard M, Caplan G, Chung CR, Elhadi M, Gurjar M, Heras-La Calle G, Hoffmann M, Jeitziner MM, Krewulak K, Mailhot T, Morandi A, Nawa RK, Oh ES, Collet MO, Paulino MC, Lindroth H, von Haken R; WDAD Study Group. A world-wide study on delirium assessments and presence of protocols. Age Ageing. 2024 Jul 2;53(7):afae129
NEWSTICKER Interessante Studien, für Dich kurz zusammengefasst…
REHABILITATION
Fahrradtraining II: ein kleiner RCT aus Ägypten untersuchte ebenfalls ein zusätzliches Fahrradtraining (15-20min, aktiv, sitzend mit Intensität von 10-11 auf der BORG-Skala) bei 31 Patient:innen nach Herzklappenersatz ab erstem postoperativem Tag bis Krankenhausentlassung. Dabei zeigte sich eine signifikante Verbesserung in der 6-Min Gehstrecke (114.86m, [63.41 bis 166.31]) und eine Reduktion der Aufenthaltsdauer auf der Intensivstation und im Krankenhaus (-3.27 Tage, [-5.87 bis -0.67]). Zugegeben nur eine kleine Studie mit Verzerrungsrisiko (keine Verblindung der Assessoren, Selektionsbias), allerdings unterstützt es die These, dass aktives Training möglicherweise zielführender ist. Ahmad et al. (2024) Link
Fahrradtraining III: ebenfalls ein kleiner RCT aus Singapur, welcher Bettfahrrad (60min täglich für 8.5 Sitzungen) mit zielgerichteter Ernährung (via Kaloriemetrie) untersuchte. Leider wurden nur 21 von ursprünglich 50 geplanten Patient:innen rekrutiert, zudem gab es keine Unterschiede in der Ernährung, das Fahrradtraining war jedoch sicher und mit 60min auch ziemlich lange. Elizabeth et al. (2024). Link.
OKH und Hirn: in der Analyse von 16 Studien mit Patient:innen mit Schädelhirnverletzungen führte die Oberkörperhochlagerung zu einem geringeren Intrakraniellen Druck bei gleichbleibenden zerebraler Perfusion und Oxygenierung. Meta-Analyse von Ramos et al (2024) Link
BMI: in 429 beatmeten Intensivpatient:innen mit Covid-19 Infektion wiesen Patient:innen mit Adipositas bessere Überlebensraten auf. Interessanterweise hatte das Körpergewicht keinen Einfluss auf die Mobilität zum Zeitpunkt der Entlassung, wohl aber die Dauer des Intensivaufenthaltes. Machado Martinato et al (2024) aus Brasilien Link
Australische Leitlinie: die Kolleg:innen aus Australien/Neu Seeland haben eine Leitlinie zur Frühmobilisierung auf Intensivstationen herausgebracht, inklusive 3 Empfehlungen mit schwacher Sicherheit (Reha und Mobilisierung ist für beatmete Intensivpatient:innen besser als keine Reha, unter Abwägung der Vor- und Nachteile sowie Berücksichtigung des Zustands) und 14 Praxisempfehlungen inkl. Assessments, Sicherheitskriterien, Infektionsprävention, Training, Evaluation und anderen. Hodgson et al (2023) Link
Personalbesetzung: die Definition einer sicheren Personalbesetzung von Physiotherapeut:innen auf Intensivstationen ist auch im Vereinigten Königreich eine Herausforderung, Haylett et al (2024) nehmen sie an Link
Gebrechlichkeit: in der FORECAST Studie waren vor Aufnahme auf Intensivstation 30% der Patient:innen gebrechlich, nach Entlassung aus dem Krankenhaus 55%. Dieser Wert sank aber wieder nach 6 Monaten auf 34%. Trotzdem zeigt es, dass vor Aufnahme gebrechliche Patient:innen hoch vulnerabel sind, bei Aufnahme identifiziert werden müssen und dann on-top zur üblichen Versorgung ein Maßnahmenbündel erhalten sollten. Ferrante et al. (2024) Link
Nach der Intensivstation: die Behandlung auf einer Intensivstation ist für viele Überlebende erst der Beginn einer langen Reise, bei der aber schon der Anfang mit Behandlung, Verlegungsplanung und Nachsorge gut geplant sein sollte. Übersichtsarbeit von Teixeira et al (2024) Link
Diabetes II: Menschen mit Diabetes II können aufgrund von fehlendem Wissen, Motivation, Ressourcen, Umweltbedingungen und anderen Faktoren Schwierigkeiten haben, sich regelmäßig körperlich zu betätigen, aber es gibt auch Lösungen hierfür. Übersichtsarbeit von Thielen et al (2023) Link
Familienintegration: bei 1.420 Intensivpatient:innen und 1.006 Angehörigen führte die Implementierung eines strukturierten Programms zur Unterstützung von Familien mit Kommunikationstraining, tägliche Gespräche mit Bezugsperson der Pflege und Implementierungsstrategien, im Vergleich zur üblichen Versorgung zu weniger Kosten und 6-Monats-Wiederaufnahmen. Cluster RCT von Andersen et al (2024) aus den USA Link
Familienrelevanz: als wie relevant Pflegefachpersonen die Familien von Patient:innen erachten, hängt davon ab, wo sie arbeiten; in der Geburtshilfe ist sie verständlicherweise höher als auf Intensivstationen und chirurgischen Stationen, in Gesundheitszentren ist es heterogen. Survey von Hraunfjord et al (2024) aus Island Link
Resilienz: Von 382 überlebenden, ehemals beatmeten Intensivpatient:innen zeigten in dem Zeitraum 3-12 Monate nach Entlassung 53% eine normale bis hohe Resilienz, die im Vergleich zu Patient:innen mit einer geringen Resilienz mit einer niedrigeren Rate von PTSD assoziiert war (13% vs 25%). Ein erhöhtes Maß an sozialer Unterstützung und eine andere Wahrnehmung der Erkrankung waren mit einer erhöhten Resilienz assoziiert. Kontrolle über die Erkrankung (Wachheit, Shared Decision Making), Verstehen (Tagebücher, psychologische Beratung, Nachsorge) und soziale Unterstützung (Familienintegration, Peer-Gruppen) könnten sinnvolle Interventionen sein. Mathieu et al (2024) aus Frankreich Link
DELIR
Primary Nursing: Bei 94 Intensivpatient:innen war die Einführung des Konzepts der Primär verantwortlichen Pflegefachperson machbar und konnte bei einem Viertel der infrage kommenden Patient:innen umgesetzt werden, im Vergleich zur üblichen Versorgung konnte eine Risikoreduktion für ein Delir um 11% (nicht signifikant) erreicht werden. Toll gemachter Pilot-RCT von Lars Krüger aus Bad Oeynhausen (2024) Link
4AT vs CAM-ICU: Bei 274 Intensivpatient:innen, von denen ein Viertel delirant war, zeigte der 4AT im Vergleich zur CAM-ICU eine akzeptable Reliabilität und Validität bei der Erkennung von Delir auf der Intensivstation. Sim et al (2024) aus Südkorea Link
WDAD 2023: Beim WDAD 2023 war in 91 US-Krankenhauseinheiten fast jede:r fünfte stationäre Patient:in im Delir! "Delir bleibt eine große Belastung und Herausforderung für die Gesundheitssysteme". Lindroth et al (2024) aus den USA Link
Safe Brain Initiative: Nach der Analyse von 18.697 postoperativen Patient:innen in der IMC-Station führte die Implementierung des Maßnahmenbündels mit 18 Faktoren der Initiative "Safe Brain Initiative" zur Behandlung von postoperativem Delir zu einem Rückgang des postoperativen Delirs um 4 % für jeden Monat der Implementierung. Internationales Qualitätsverbesserungsprojekt von Meco et al. (2024) Link
Delirium Playbook: Das Delirium-Playbook, ein online Kurs mit Videos und Quiz zum Delir auf Intensivstationen (auf Englisch), konnte erfolgreich ins Spanische übersetzt und adaptiert werden. Fuentes et al (2024 aus Mexiko Link
Antipsychotika: in einer Analyse von 5 RCT mit 1.750 Intensivpatient:innen erwies sich die Gabe von Antipsychotika (Haloperidol, Quetiapin, Ziprasidon) im Vergleich zu Placebo mit moderater Sicherheit als nicht vorteilhaft für die Reduzierung von Tagen im Delir, auf Intensivstation, im Krankenhaus oder unerwünschten Ereignissen. Carayannopoulos et al (2024) Link
EEG gesteuerte Narkose: Bei 1.140 operierten, kardiochirurgischen Patient:innen zeigte eine EEG-gesteuerte Narkosetiefe im Vergleich zur üblichen Narkosesteuerung keine Auswirkungen auf das Risiko eines postoperativen Delirs. RCT von Dechamps et al. (2024) aus Kanada Link
Erinnerungen: ehemals delirante Überlebende der Intensivstation berichteten durchweg über delirbedingte Belastungen während und nach ihrem Aufenthalt auf der Intensivstation, die sich in zeitlicher Verwirrung, Fehlinterpretationen und einem Gefühl des Misstrauens gegenüber dem Intensivpersonal äußerten. Wahnvorstellungen waren durch eine Mischung aus faktischen und fiktiven Elementen gekennzeichnet. Interviewstudie von Cour et al (2024) aus Dänemark Link
OUTCOME
COVID-19: 105 Patient:innen nach mechanischer Beatmung bei schwerem COVID-19 Infekt hatten nach 18-Monaten eine moderate Lebensqualität (EQ-VAS 80%) und Einschränkungen der körperlichen Leistungsfähigkeit (6-Minuten Gehtest 74% des Normwertes), wobei 45% eine ausgeprägte klinische Fatigue und 7% schwere kognitive Beeinträchtigungen hatten. Carenzo et al. (2024) Link
COVID & Schmerzen: Eine dänische Umfrage mit 4712 Personen welche aufgrund einer COVID-19 Erkrankung hospitalisiert waren, fand eine Prävalenz von neu-auftretenden Schmerzen von 18% nach 21±6 Monaten (39% sonstige Schmerzen). Ebbesen et al. (2024) Link
ECMO: Dieses systematische Review untersuchte neurologische Komplikationen (ICUAW ausgenommen) nach femoraler ECMO Kannelierung, wobei insgesamt jede 4. Person betroffen war (23%). Am häufigsten waren periphere Ischämien und Nervenkompressionen, wobei der N. Femoralis (34%) am meisten betroffen war. Johannes et al. aus der Schweiz (2024) Link
Patientenzentrierte Outcome: welche Outcomes empfinden Patient:innen und ihre Angehörigen als wichtig? Insgesamt wurden 30 Outcomes aufgenommen (neuro-muskuläre und körperliche Funktionen, ADL, mentale Gesundheit, Gesundheitsressourcen, Erlebnisse, Leistungsfähigkeit, Wohnort, Lebensqualität, Partizipation), welche nun in ein Core-Outcome-Set verarbeitet werden sollen. Connolly et al. (2024). Link
Selbst gesteckte Ziele: Eine zweijährige prospektive Kohorte von 105 Überlebenden der Intensivstation, die an einem digital gestützten Rehabilitationsprogramm teilnahmen, der sich auf die individuelle Erreichung des Genesungsziels konzentrierte, wurden von den Teilnehmenden ca. die Hälfte ihrer Ziele erreicht, u.a. nach draussen gehen, zu Hause bewegen, sich in der Umgebung bewegen können. Rose et al. (2024) aus UK Link
Verbrennungen: Überlebende schwerer Verbrennungen (>25% Körperfläche) haben eine langwierige Genesung mit potenziell anhaltenden chronischen Beeinträchtigungen, insbesondere Alter, Geschlecht und Krankheitsmerkmale (Größe der Verbrennung) und die damit verbundenen körperlichen, physiologischen und psychosozialen Folgen tragen dazu bei. Systematisches Review von Jawad et al. (2024) Link
ICUAW: Retrospektive Studie untersuchte bei 264 Patient:innen mit Sepsis die Risikofaktoren für ICUAW, dies waren insbesondere die Krankheitsschwere (APACHE II), die Beatmungsdauer, Immobilisation/Fixierung und Laktat. Assoziation ist aber nicht zwingend auch Ursache. Liu et al. (2024) Link
ICUAW II: gemessen mit Ultraschall (Querschnittsfläche des M. Rectus Femoris) verlieren Patient:innen mit Sepsis (n=83) auch nach Intensivstationsaustritt weiterhin Muskelmasse (minus 5mm2/Tag) trotz aktiver Rehabilitation! Rollinson et al. aus Australien (2024) Link
Prolongierte Inflammation: Eine anhaltende Entzündung während der Genesung einer kritischen Erkrankung kann zu PICS mit widersprüchlicher Evidenz beitragen, wie in einer systematischen Übersichtsarbeit mit 32 Studien unter Verwendung von 47 verschiedenen Biomarkern gezeigt wurde. Docherty et al. (2024) Link
Erinnerung an Schmerzen: Bei 1.105 Überlebenden der Intensivstation waren Schmerzen vor und nach der Intensivstation 1 Jahr nach der Entlassung mit einem erhöhten Risiko für eine Psychopathologie (Angst, Depression, PTBS) assoziiert. Interessant: Nicht Schmerzen während des Aufenthalts auf der Intensivstation, sondern die Erinnerung an eine unzureichende Schmerzbehandlung während des Aufenthalts auf der Intensivstation waren mit Folgeerkrankungen verbunden. Kohortenstudie von Smaisim et al (2024) aus den Niederlanden Link
CPR Training: Bei 267 Pflegefachpersonen, die an CPR-Kursen teilnahmen, verbesserte Gamification im Vergleich zu herkömmlichen Trainings nicht das Wissen nach dem Training in Bezug auf Teamarbeit oder Rhythmusbewertungen, sondern führte zu einem geringeren Wissen über erweiterte Maßnahmen. Cluster RCT von Kim et al (2024) aus Südkorea Link
Kognition: kognitive Einschränkungen nach dem Intensivaufenthalt sind nicht selten. Patient:innen und Familien können diese erleben als “Es fühlt sich an, als würde man in einer Parallelwelt leben", "Mit einem verletzlichen Selbst in einen normalen Alltag zurückkehren" und "Den Alltag mit selbst erfundenen Strategien bewältigen". Interviewstudie von Alrø et al (2024) aus Dänemark Link
PTBS bei Kindern: bei 65 Kindern (median 8 Jahre) mit Aufnahme auf einer Intensivstation wegen einer Sepsis vor 5 Jahren zeigten ein Drittel (30,8%) ein erhöhtes Risiko für ein PTBS. Burcher et al. (2024) aus UK Link
Organspende bei ECMO: in einer Übersichtsarbeit mit 20 Studien, 360 Organspenden und 147 Organspender:innen, die zum Zeitpunkt ihres Todes eine ECMO-Therapie laufen hatten, konnte ermittelt werden, dass 98% der Empfänger nach 3 Jahren noch lebten und das Verfahren damit sinnvoll sein kann. Rajsic et al (2024) Link
GEMISCHTES
Kommunikation: Um die Kommunikation mit nicht-sprechenden Patient:innen beurteilen zu können, sind folgende Kriterien sinnvoll: 1) Veränderungen der Emotionen und des Wohlbefindens im Zusammenhang mit der Kommunikationsfähigkeit, 2) körperliche Auswirkungen der Verwendung von Kommunikationshilfen, 3) Zeit bis zur funktionalen Kommunikation, 4) Fähigkeit, gesundheitliche Bedürfnisse (Komfort/ Pflege/ Sicherheit/ Entscheidungen), 5) Konversationsfähigkeit, 6) Fähigkeit, eine Kommunikationsverbindung herzustellen, um Beziehungen aufzubauen und aufrechtzuerhalten, und 7) Akzeptanz der Kommunikationsmaßnahme. Delphi-Studie von Freeman-Sanderson (2024) Link
Pharyngeale Elektrostimulation (PES): Diese Studie untersuchte PES in 32 oral intubierten Patient:innen nach einem Schlaganfall gegenüber einer retrospektiven Kohorte (gematcht), PES schien dabei die Dysphagieschwere, die Re-Intubationsrate und die Dauer von Extubation bis Verlegung zu vermindern. Dies muss nun in randomisierten Studien überprüft werden. Muhle et al. aus Deutschland (2024) Link
Kapnographie: die CO2-Messung in Echtzeit, kann bei dem Legen von Ernährungssonden unerwünschte Fehlanlagen in der Lunge vermeiden helfen. QI-Projekt von Jahn et al (2024) aus den USA Link
Pantoprazol: in einem RCT mit 4.821 beatmeten Intensivpatient:innen führte die Gabe von 40 mg Pantoprazol vs Placebo tgl. zu einem geringeren Risiko von gastrointestinalen Blutungen (1,0% vs 3,5%), aber nicht zu einer erhöhten 90-Tage-Mortalität. Internationaler RCT von Cook et al (2024) Link
Gastrales Residualvolumen (GRV): bei einer Umfrage auf 101 Intensivstation in UK zum Management von GRV waren die Antworten sehr heterogen. Die Kontrolle des GRV lag zwischen 2- bis 12-stündlich, die Grenze für GRV, ab der keine Ernährung mehr gegeben wird, lag zwischen 200 bis 1000 ml und nur ein gutes Viertel der Station verfügte über SOPs zum Thema. Wie sieht es bei uns aus? Survey von Jenkins et al (2024) Link
Atemnot: nach der Analyse von 19 Studien mit 2.822 Intensivpatient:innen erlebt die Hälfte während des Intensivaufenthaltes Atemnot, vor allem wenn sie (NIV!) beatmet sind. Es gibt einfache Assessments, um Atemnot festzustellen (z.B. VAS, Borg) und sie sollte genauso wie Schmerzen und andere regelmäßig untersucht werden. Übersichtsarbeit von Richardson et al (2024) Link
EWS in der Pädiatrie: International gibt es einen zunehmenden Trend zum Einsatz von Rapid Response Systemen (RRS), bzw. Early Warning Scores (EWS), um die Verschlechterung von Patient:innen frühzeitig zu erkennen und zu stabilisieren. Nach einem Survey in 185 Krankenhäusern mit pädiatrischen Stationen in 21 Europäischen Ländern ist die Umsetzung und Implementierung sehr heterogen. Gawronski et al (2024) Link
Rekrutierung: Eine systematische Übersichtsarbeit mit 51 Studien zu Rekrutierungs- und Retentionsstrategien in RCTs mit Familienmitgliedern von Intensivpatienten fand heraus: 50% der Familien nahmen teil und 80 % schließen die erste Nachsorge ab; es konnten keine spezifischen Faktoren zur Steigerung der Beteiligung und Bindung identifiziert werden. Die Daten helfen, entsprechende Powerkalkulationen durchzuführen! Aaron et al (2024) Link
Pandemie an Fehlinformationen: in einer Befragung von 561 Befragten in den USA zur Bereitschaft, medizinische Fragebögen auszufüllen, sich impfen zu lassen oder medizinischen Informationen zu vertrauen, war signifikant abhängig von den Quellen, die die Befragten nutzen (Behörden vs Social Media), dem Bildungsstand und der Gesundheitskompetenz. Nach der Pandemie ist vor der Pandemie. Carletto et al (2024) Link
Ressourcenmangel in der Pflege: scheint ein weltweites Phänomen zu sein, das zu zahlreichen Problemen im Gesundheitswesen und zu einer geringeren Pflegequalität führt, aber in Ländern mit hohem vs. niedrigem Einkommen unterschiedlich stark ausgeprägt ist. In einer online Konferenz des VPU wurden Probleme und Lösungen aus Deutschland, den Philippinen, Polen, Tansania, dem Vereinigten Königreich und den USA vorgestellt. Konferenzbericht von Nydahl et al (2024) Link
Fachpflegequote: In der Analyse von 6.563 Intensivpatient:innen von 20 Krankenhäusern in Australien zeigte sich auf den Intensivstationen mit einer Quote von >75% Intensivfachpflege (Critical Care Registered Nurses) im Vergleich zu Stationen mit einer niedrigeren Quote (50-75%, <50%) eine signifikant niedrigere Rate für Mortalität, Delir, Decubitus, Verlegungen abends/nachts und Intensivtage, auch nach Adjustierung von Co-Faktoren. Ross et al (2024) Link
Hospital at Home I: In den USA etabliert sich das Konzept „Hospital-at-Home“ bei Patient:innen mit leichter und mittlerer Krankheitsschwere, inkl. Telemonitoring und -überwachung, Visiten von Mediziner:innen und Pflegenden zu Hause, Antibiotikagabe, Infusionstherapie usw. In einem RCT mit 91 Patient:innen, die in der Notaufnahme waren und entweder zu Hause oder im Krankenhaus betreut worden sind, waren die Gesamtkosten für die Betreuung zu Hause um 38% geringer und Patient:innen hatten weniger Labortests, Bildgebungen und Konsile. Patient:innen waren zu Hause aktiver und hatten eine geringere 30-Tage-Wiederaufnahmerate (7% vs 23%), aber die Betreuung zu Hause wurde von nur einem Drittel der infrage kommenden Patient:innen akzeptiert. RCT von Levine et al (2020) aus den USA Link
Hospital at Home II: Wegen der geringen Akzeptanzrate aus der Studie von Levine wurde die Bevölkerung gefragt. In einer Online-Umfrage mit 1.134 Teilnehmern zum Konzept „Hospital-at-Home“ akzeptierten 47 % das Konzept als Behandlungsoption, 36% waren neutral, 17 % stimmten nicht zu. Rund 50 % waren davon überzeugt, zu Hause schneller genesen zu können, weniger Delir zu erleiden und sich wohler zu fühlen. Survey von Frasco et al. (2024) aus den USA Link
CPR bei Hunden und Katzen: die Leitlinien für die Wiederbelegungsmaßnahmen bei Hunden und Katzen wurden aktualisiert. Einiges ähnelt der CPR beim Menschen, manches ist anders. 100-120 Kompressionen/Minute und wenn keine passende Maske oder Tubus vorhanden sind, Beatmung über die Nase; wenn das Risiko besteht, dabei gebissen zu werden, kann die Beatmung weggelassen werden. RECOVER von Burkitt-Creedon et al (2024) Link
Was wir nicht erwähnt haben: zugegeben, die Auswahl der hier berichteten Studien ist willkürlich und interessiert Euch hoffentlich. Dennoch gibt es in jedem Newsletter Studien, die wir bewusst nicht erwähnen, weil sie u.a. im Volltext in uns fremden Sprachen, in umstrittenen Fake-Science-Verlagen, mit fragwürdigen Methoden, Ergebnissen oder Schlussfolgerungen oder aus ähnlichen Gründen publiziert worden sind. Aber auch wir lesen nicht alles: sollten wir eine erwähnenswerte Studie übersehen haben, so sind wir dankbar für einen Hinweis!
Bleibt in Bewegung und bleibt gesund Im Namen der DIVI Sektion Intensivmedizinische Frührehabilitation grüßen Sabrina Eggmann & Peter Nydahl
Dr. Sabrina Eggmann, Physiotherapeutin, MSc, Institut für Physiotherapie, Inselspital, Universitätsspital Bern, Schweiz, bzw. Monash University Melbourne, Australien
PD. Dr. Peter Nydahl, GKP, BScN MScN, Pflegeforschung und -entwicklung, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Kiel, Deutschland
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