Wir hoffen, dass es Euch allen gut geht. Wir haben für Euch eine interessante Sammlung von neuen Studien zur Frührehabilitation, und den Newsticker mit Frühreha, Delir, Outcome, Sonstigem und Leitlinien zusammengestellt.
Viel Spaß beim Lesen des Newsletters! Sabrina & Peter
UMFRAGEN
Umfrage zur Validierung der deutschen Version des „Rushton Moral Resilience Scale-16 - deutsche Version (RMRS-16-G)“. Es werden insgesamt 300 Antworten von Gesundheitsfachpersonen benötigt, die Umfrage ist kurz und knackig Link
WEBINARE
02.10. European Delirium Association: Delirium is really everybody’s business, and we mean everybody! Results of a worldwide delirium prevalence study. 17.00-18.00 Dr. Heidi Lindroth, Dr. Peter Nydahl, Dr. Keibun Liu, and Prof. Dr. Mark van den Boogaard Link
08.10. DIVI Sektion ICU Rehab: Spitzfussprophylaxe und -therapie auf ICU 19.00-20.00 Referent: J. Bräunig. Bei DIVI registrieren Link
28.10. Durst (Kooperation UKSH) 18.00-18.45 F. Wefer Link Kennwort: Fobi Link
Zum Nachhören: Podcast über inspiratorisches Muskeltraining – Evidenz, Dosierung und Umsetzung mit Prof. Bernie Bissett aus Australien: Link
STUDIEN
«Wir sollten wissen, wie unsere Patient:innen zu mobilisieren sind…» Diese qualitative Studie aus Schweden befragte Pflegefachpersonen auf der Station zur Mobilisierung kritisch kranker Personen. Diese Studie ist insofern wichtig, als Daten zeigen, dass die Frühmobilisierungsrate nach Verlegung von den Intensivstationen oftmals abnehmen. Die Studie wurde im Rahmen einer zusätzlichen Physiotherapiestelle durchgeführt und muss entsprechend in diesem Kontext interpretiert werden. Trotzdem geben die Resultate einen guten Einblick in Barrieren und Verbesserungsmöglichkeiten. Insgesamt wurden 17 Pflegefachpersonen interviewt. Die identifizierten Themen waren: Herausforderungen, interprofessionelle Verantwortung und zusätzliche Physiotherapiestelle als Chance. Herausforderungen waren insbesondere die Komplexität der Patient:innen «zu schwierig», fehlendes Know-How, fehlende Kapazitäten und dadurch Priorisierung von Aufgaben. Entsprechend führte eine interprofessionelle Verantwortung zu Erleichterung, weil Aufgaben geteilt wurden. Physiotherapeut:innen sollten eine aktive Rolle einnehmen und Frühmobilisation auf der Station initiieren/weiterführen damit Patient:innen wieder selbständig werden. Eine zusätzliche Physiotherapiestelle scheint demnach einen positiven Effekt auf Patient:innen zu haben.
Endlich ein Instrument zur Verbesserung der Langzeitbehandlung Diese modifizierte Delphi Studie mit Patient:innen, Familienmitgliedern und Gesundheitsfachpersonen (n=116) entwickelte im Anschluss an eine systematische Übersichtsarbeit ein Tool zur Erfassung und Planung von Behandlungsprozessen für Erwachsene mit einer mit langwierigen kritischen Erkrankungen. Es gab zwei, online Runden um einen Konsens über die 39 vorgeschlagenen Punkte zu finden. Im Anschluss fand ein Online-Meeting mit allen relevanten Interessengruppen statt um Konflikte und letzte Uneinigkeiten zu lösen. Das Endresultat ist ein 25 Punkte umfassendes Qualitätsverbesserungs-Tool für Patient:innen mit einem verlängerten Aufenthalt auf der Intensivstation. Die 25 Punkte beziehen sich dabei auf Zielsetzung, Kommunikation, Komfort und Komplikationsreduktion, Selbstführsorge und Normalität, Weaning von der Beatmung, Optimierung der körperlichen Erholung, Schluckfunktion, pharmakologische De-Eskalation, psychologische Bedürfnisse, Delirium und fortlaufende Behandlung. Dieses Tool hat das Potential, die intensivmedizinische Behandlung zu standardisieren und zu verbessern und könnte insbesondere ein- bis zweimal wöchentlich während interprofessionellen Visiten direkt am Bett eingesetzt werden. Es könnte sich für die Kommunikation mit den Patient:innen und Familienangehörigen eignen und damit die Mitwirkung von Patient:in und Familie in ihrem Pflege-/Therapieplan unterstützen.
Die wache und aktive Intensivstation Aus der tiefen Sedierung wurde die Analgosedierung entwickelt, die dann zum ABCDEF Konzept (A2F) weiterentwickelt worden ist. Die wache und aktive Intensivstation (the awake and walking ICU) setzt das A2F Konzept zu 100% um und geht noch einen Schritt weiter. Intensivpatient:innen werden vom ersten Tag an nicht mehr sediert, erhalten bei Bedarf Analgesie, werden frühmobilisiert und von ihren Bezugspersonen mit flexiblen Besuchszeiten begleitet, Delir wird gescreent und gemanagt und die Kommunikation von und mit Intensivpatient:innen hat hohe Priorität. Das Ziel der wachen und aktiven Intensivstation ist es nicht nur, Patient:innen in einer kritischen Erkrankung zu stabilisieren und sie lebend zu verlegen, sondern das höchste Level an kognitiver und physischer Funktion zu erreichen und zu halten, von der Aufnahme bis zur Entlassung. Eine Sedierung ist nur bei Ausnahmen wie Hirndruck, Status Epilepticus, usw. zulässig. In dem Review werden die zeitliche Entwicklung (in den 70er Jahren waren beatmete Intensivpatient:innen oftmals wach und mobil!) und das Konzept an einem realen Fallbeispiel illustriert („Zu Beginn war ich besorgt, an einer Beatmung wach zu sein, aber als ich merkte, dass ich mit jedem kommunizieren konnte, machte es sehr viel Sinn für mich!“). Zur Implementierung in die Praxis werden verschiedene Strategien empfohlen, so kann die Beatmung nicht nur als Hindernis gesehen werden, sondern vor allem bei Patient:innen mit Lungenversagen kann die Anpassung der Beatmung mittels „Mobility-Modus“ eine vorzeitige Erschöpfung vermeiden und eine Mobilisierung erst ermöglichen. In der Kultur einer wachen und aktiven Intensivstation haben die Wachheit, Kognition, Mobilität und Kommunikation der Patient:innen Priorität, und eine (non-)invasive Beatmung wird als hilfreiche Unterstützung zur Mobilität angesehen! Dayton K, Lindroth H, Engel HJ, Fuchita M, Gonzales P, Nydahl P, Stollings JL, Boehm LM. Creating a Culture of an Awake and Walking Intensive Care Unit. Crit Care Clin (2024), in press
NEWSTICKER Interessante Studien, für Dich kurz zusammengefasst…
REHABILITATION
Physiotherapie: Wie viel Zeit und Ressourcen brauchen Physiotherapeut:innen auf der Intensivstation? Interessante Beobachtungsstudie aus Brasilien, wobei jeweils 29min per Patient:in mit 22min für Interventionen (4 pro Sitzung) aufgewendet, und jeweils 5 Patient:innen per 6h-Schicht behandelt wurden. Silveira et al. (2024) Link
Alter & Mobilität: Ein höheres Alter, das Nichterreichen des Meilensteins Bettkantenmobilität, oder eine eingeschränkte Mobilisationsprogression waren in dieser retrospektiven Analyse (n=132) mit schlechten Ergebnissen verbunden. Eine Assoziation ist keine Ursache, entsprechend ist bei dieser Interpretation Vorsicht geboten. Mayer et al. aus den USA (2024) Link
Implementierung: in 1.047 gemischten Intensivpatient:innen war die Implementierung einer frühen Mobilisierung durch ein multiprofessionelles Team mit verbesserter Mortalität, weniger Intensivtagen und Decubitus, verbesserter physischer Funktion und weiteren positiven Faktoren assoziiert. Qualitätsverbesserungsprojekt von Biazon et al (2024) aus Brasilien Link
Performanz: in der Analyse von 12.489 Patient:innen in 66 ICU waren verschiedene Faktoren mit der Umsetzung der Frühmobilisierung verknüpft, förderlich waren Sicherheitsassessments, tägliche Aufwach- und Spontanatmungsversuche sowie die Gegenwart von Physio- und Ergotherapeut:innen. Hinderlich waren hingegen Sedierung, Delir, der Gebrauch von Benzodiazepinen, Beatmung und andere. Krupp et al (2024) aus den USA Link
Aufstehen: Unter 194 Überlebenden der medizinischen Intensivstation, welche vor Erkrankung selbständig vom Sitzen aufstehen konnten, fand sich eine hohe Rate der Unfähigkeit (66% bei der ICU-Entlassung), welche zwar im Verlauf der Zeit sank (36% nach 3 Monaten), jedoch mit einer erhöhten Mortalität verbunden war (6-faches Risiko nach 3 Monaten). Siao et al. aus Taiwan (2024) Link
Schlaf: bei 80 postoperativen Überwachungspatient:innen bewirkte die nächtliche Gabe von Clonidin vs. Placebo eine signifikant längere Schlafdauer (497.2 vs. 396.4 Min) und bessere Schlafqualität (RCSQ 62,2 vs 48,3). RCT von Liu et al (2024) aus Australien Link
Besuchsrestriktionen: in einer Metasynthese von 184 Studien zur Wirkung von Besuchsrestriktionen während der Pandemie auf Patient:innen, Familien und Mitarbeitende wurden 54 verschiedene Themen identifiziert. Besuchsrestriktionen führten bei den Betroffenen zu zum Teil schwerwiegenden Konsequenzen und müssen sorgfältig abgewogen werden. Es wurden aber auch Strategien zum Ausgleich entwickelt. Krewulak et al. (2024) Link
FICUS: Eine geplante Studie wird in verschiedenen Intensivstationen stufenweise das Engagement von Familien unterstützen, psycho-edukative Angebote machen und eine strukturierte Kommunikation mit shared decision making anbieten. Von Felten (2024) aus der Schweiz Link
Intensivtagebuch: Ein wunderbares Interview über den Nutzen und Gebrauch des Intensivtagebuch aus Sicht eines Patienten und seiner Frau. Rossberg et al (2024) Link
DELIR
Adhärenz: in 20.220 Intensivpatient:innen war eine größere Adhärenz zu den Qualitätsindikatoren für Sedierung, Analgesie und Delirmanagement mit mehr Erlösen von +197€ pro Fall, geringerer Mortalität und weniger Tagen auf ICU und im Krankenhaus assoziiert. Zuber et al. (2024) Link
Quetiapin vs Haloperidol: in einem RCT mit 100 Intensivpatient:innen mit hyperaktivem Delir, die entweder Quetiapine oder Haloperidol erhielten, konnten keine Unterschiede in der Delirschwere, -dauer oder Mortalität festgestellt werden. Zakhary et al (2024) aus Ägypten Link
Gebrechlichkeit: in 324 Patient:innen, die zur elektiven Operationen aufgenommen wurden, war eine erhöhte Gebrechlichkeit mit einem erhöhten Risiko für ein postoperatives Delir assoziiert (OR 2,57 für milde Gebrechlichkeit, OR 12,10 für moderate Gebrechlichkeit). Ehrlich et al (2024) aus den USA Link
Safe Brain: in 18.697 postoperativen Patient:innen führte die Implementierung der Safe Brain Initiative mit einem Multikomponentenbündel zu einer Abnahme des postoperativen Delirs um 4% pro Implementierungsmonat. Meco et al. (2024) Link
Subsyndromales Delir: nach einer Meta-Analyse von 27 Studien und 7.286 Intensivpatient:innen, lag die Prävalenz von subsyndromalem Delir bei 32.4 % (95%CI: 27.1 %-37.7 %), allerdings bei hoher Heterogenität und unsicherer Evidenenz. Ma et al. (2024) aus den USA Link
Beleuchtung: die Veränderung der Deckenbeleuchtung hatte keinen bedeutsamen Einfluss auf die Häufigkeit eines Delirs bei Intensivpatient:innen (es ist komplexer). Autor (Jahr) Land Link https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/39299170/
Fixierungen: eine neue mechanische Fixierung erlaubte mehr Beweglichkeit und wurde in einer Pilotstudie mit 7 Patient:innen gut toleriert. Kamdar et al (2024) aus den USA Link
PAD in Pädiatrie: von 38 pädiatrischen Intensivstation in Europa berichteten 97% Schmerz regelmäßig zu untersuchen, 89% Sedierung, 82% Entzugssymptome und 42% Delir. Es gibt viel zu tun. Alvarado et al. (2024) Link
Stress bei Pflegenden: Ein 10-teiliges Programm zur Bildung, Stressmanagement und Entspannungstechniken führte bei 60 Intensivpflegefachpersonen zu ein Drittel Stressreduzierung, die auch noch nach 3 Monaten nachweisbar war. Abdullah et al (2024) aus dem Jemen Link https://doi.org/10.1177/17511437241275307
Ergotherapie: in einer systematischen Literaturrecherche zur Delirprävention und -therapie durch Ergotherapie konnten zwar 4 Studien inkludiert werden und Vorteile bzgl. ADL-Training und Kognition ermittelt werden, aber keine Effekte auf ein Delir identifiziert werden. Macht mehr Forschung! Zaho et al (2024) Link
Pflegen Intensiv: in der aktuellen Ausgabe von Pflegen Intensiv ist eine Artikelserie zum Delir erschienen mit Themen zu: a) Pathogenese des Delirs und Brain Network Theory (Hermes et al); b) Mobilisation als Delirtherapie (Nessizius); c) Kommunikation mit deliranten Patienten (Nydahl et al); d) Delirprojekte aus Deutschland mit internationalem Impact (Nydahl et al.); und e) Delir am Lebensende (Kitz et al.). Zum Teil mit internationalen Autoren, englischen Übersetzungen Link
OUTCOME
Sepsis: zwischen 1985 und 2019 hat die Sterblichkeit durch Sepsis in 36 Ländern um ca. 12% von 37,8 pro 100.000 Einwohnenden in 1985-87 auf 25,8 in 2017-19 abgenommen, allerdings mit hoher Heterogenität zwischen den Ländern und vielfältigen Ursachen. Komorowsk et al (2024) Link
Glukosemonitoring: Bei 96 Intensivpatient:innen mit Diabetes oder stressinduzierter Hyperglykämie führte eine kontinuierliche Glukosemessung vs. konventioneller 6h-kappilären Messung nicht zu einer verbesserten 28-Tage Mortalität, allerdings waren bei der kontinuierlichen Messung die durchschnittlichen Glukosewerte, Abweichungen und Dauer im Zielbereich signifikant besser. RCT von Chu et al (2024) aus China Link
COVID-19: Von 87 Intensivstationsüberlebenden nach einer COVID-19 Erkrankung hatten nach einem Jahr 86% eine nachweisebare Lungenfibrose im CT, 44% eine Diffusionsstörung und 23% Einschränkungen der funktionellen Kapazität (6-Minuten-Gehtest). Verbesserungen von 3 auf 12 Monaten verliefen parallel mit der Lebensqualität. André et al. aus Belgien (2024) Link
Angst: in einer Analyse von 26 RCT mit 2.791 Intensivpatient:innen wurde ein effektiver Angst-reduzierender Effekt nachgewiesen bei Musiktherapie, Aromatherapie, Intensivtagebüchern, Virtueller Realität, Massage und Information & Edukation. Meta-Analyse von Ma et al (2024) Link
PICS-Familie I: In dieser randomisierten klinischen Cluster-Crossover-Studie war ein flexibles Besuchsmodell auf der Intensivstation mit einer signifikanten Verringerung der 1-Jahres-Prävalenz von posttraumatischen Stresssymptomen bei Familienmitgliedern (n=519) verbunden. Barreto de Souza aus Brasilien (2024) Link
PICS-Familie II: Ein Scoping Review mit 44 Studien (n=8.008 Personen) fand eine Fülle (n=18) von PICS-F Messinstrumente, welche jedoch stark heterogen und oft nicht validiert waren. Insbesondere «komplizierte Trauer» war unterrepräsentiert. Hayes et al. (2024) Link
Intensiv-Cafe: Der Besuch in einem Intensiv-Cafe war für frühere Intensivpatient:innen wichtig, um dort Menschen mit ähnlichen Erfahrungen zu treffen (Peers) und sich auszutauschen; sie und ihre Bezugspersonen fühlten sich dann nicht mehr so allein gelassen. Glaemose et al (2024 aus Dänemark Link
Lebensqualität: Diese große prospektive, multizentrische Kohortenstudie (n=3913) zeigt die Unterschiede in der langfristigen 1-Jahres-Lebensqualität (vor-nach Unterschied) zwischen und sogar innerhalb von Untergruppen von Überlebenden der Intensivstation auf. Diese Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit personalisierter Informationen und Nachsorgemodellen. Porter et al. aus den Niederlanden (2024) Link
Placebo: in der Analyse von 90 RCTs mit 9.985 Patient:innen mit 9 psychiatrischen Erkrankungen (Angst, Depression, PTSD, Manien, usw.), die in vorher-nachher Vergleichen mit Wirkstoffen vs. Placebos behandelt worden sind, zeigten Placebos erheblich wirksame, aber heterogene Effekte von 8% bis >40%. Meta-Analyse von Bschor et al (2024) Link
Checklisten, die während der täglichen Visiten zur Planung und Evaluation von Prozessen und Zu- und Ableitungen verwendet wurden, senken nach der Analyse von 30 Studien mit über 32.000 Intensivpatient:innen die relative Krankenhaussterblichkeit um 20% und haben positive Effekte auf 30-Tage Sterblichkeit, Verweildauer und Infektionsraten. Es gibt viele verschiedene Checklisten und kein «beste», aber die Aspekte geringes Tidalvolumen und Reduzierung der Sedierung scheinen am wichtigsten zu sein. Meta-Analyse von MacKinnon et al. (2024) Link
Feedback-Umfragen von Patient:innen sollten kurz, modern und smart sein. Gute Einführung in das Thema Patientenumfragen von Russel et al (2024) Link
GEMISCHTES
Primary Nursing: die Implementierung von Prozessverantwortlichen Pflegefachpersonen (Primary Nursing) ist aus Sicht von Pflegefachpersonen machbar, verbessert die Kommunikation und Pflegeplanung, führt aber auch zu Herausforderungen bei der Dokumentation und Angehörigenbetreuung. Interviewstudie von Krüger et al (2024) aus Bad Oeynhausen Link
ARDS + Bauchlage + ECMO = PEEP? Bei Patient:innen mit schwerem ARDS können Bauchlage und ECMO indiziert sein, aber wie wird dann der PEPP angepasst? In diesem Review werden bei einer ultra-protektiven Beatmung kann ein moderates Level von 10-15 cmH2O angemessen sein, sollte aber individuell titriert werden. Boesing et al (2024) Link
Post-Extubations Dysphagie (PED): Dieser systematische Review fand eine PED Inzidenz von 36% bei kritisch kranken Personen, wobei die Inzidenz bei einer längeren Intubation (>48h) am höchsten war und jede 2. Person betroffen war. Ein Screening scheint entsprechend wichtig. Yu et al. (2024) Link
Dysphagie-Screening implementieren: trotz intensiver Schulung von Pflegefachpersonen zum Dysphagie-Screening nach Extubation von postoperativen Intensivpatient:innen lag die Rate an dokumentierten Screenings bei 19%; Barrieren waren Schwierigkeiten in der Dokumentation und Patient:innen nichts zu essen/trinken zu geben; Kolleg:innen können sowohl unterstützen wie auch hinderlich sein. Mixed-Method Studie von Nielsen et al (2024) aus Dänemark Link
Implementierung: MOST, ein interessantes Modell zur Implementierung von verschiedensten Maßnahmen kombiniert die Vorbereitung, Optimierung und Evaluation mit weiteren Modellen, um bestmögliche Erfolge zu erreichen. Szezulski et al (2024) Link
Protein: Eine hohe enterale (1.3 kcal/mL mit 0.10g Protein /mL) gegenüber einer normalen (1.3 kcal/mL mit 0.06g Protein/mL) Proteinzufuhr führte bei kritisch kranken Patient:innen (n=935) zu einer schlechteren gesundheitsbezogenen Lebensqualität und keiner Verbesserung von funktionellen Ergebnissen (Kraft / Gehtest) während 180 Tagen nach Aufnahme auf die Intensivstation. Bels et al (2024) Link
Ernährung und PICS: das Ziel einer optimalen Ernährung von Intensivpatient:innen ist es, sie mit ausreichend Energie, Protein und Zusatzstoffen zu versorgen, um während der verschiedenen Intensivphasen eine optimale Unterstützung zu gewährleisten und die Risiken für eine Überernährung und ICU-AW zu verringern. Übersichtsarbeit von Oshima et al (2024) Link
Palliativversorgung: auf Intensivstationen ist komplex und beinhaltet verschiedenste Aspekte wie Kommunikation, Prognostizierung, Begleitung, Patienten- und Familienzentrierung, Entscheidungsprozesse, juristische, kulturelle und ethische Fragen und vieles mehr. Umbrella-Review mit 40 Übersichtsarbeiten von Salins et al (2024) Link
Brain-Computer-Interfaces: wären für einige Patient:innen mit Bewusstseinsstörungen ggf. eine Lösung, um Kommunikation mit der Außenwelt zu ermöglichen, aber aufgrund der sehr heterogenen Hirnverletzungen sind die Anforderungen vielfältig und (noch) bedarf es noch weiterer Forschung. Eine Roadmap von Schiff et al (2024) Link
Kontaktlinsen: kannst Du Kontaktlinsen bei Intensivpatient:innen erkennen? Auch, wenn sie verrutscht sind? Eine Umfrage bei 44 Intensivmitarbeitenden fand in der Hälfte der Befragten erhebliche Unsicherheiten. Skinner et al (2024) aus der UK Link
Humanisierung: eine kurze Audiobotschaft von Patient:innen mit Antworten zu vier Fragen 1. Wie möchten Sie angesprochen werden? 2. Was macht Ihnen Freude? 3. Was muss Ihr medizinisches Team wissen, um Sie optimal betreuen zu können? 4. Was bringt Ihnen Frieden? Verbessert die Kommunikation und Empathie im Team. Tracey et al (2024) aus den USA Link
Humanisierung Pädiatrie: in der Analyse von 100 Studien zur Implementierung der Humanisierten pädiatrischen Intensivstation konnten 7 zentrale Themen identifiziert werden: Familienpartizipation, Kommunikation, Zufriedenheit, Mitarbeiterfürsorge, PICS, end-of-life care, Infrastruktur. Review von Garcia-Fernandez et al (2024) Link
Roboter: sind vielfältig, nun wurde ein Modell erfolgreich als Scrub Nurse im OP bei der Kataraktchirurgie zum Anreichen von Instrumenten, Tupfern usw. getestet. Rekha et al (2024) aus Indien Link
LEITLINIEN / POSITIONSPAPIERE
Delir bei Stroke: Die Österreichische Schlaganfallgesellschaft hat ein Positionspapier zum Management von Patient:innen mit Schlaganfall und Delir herausgegeben Link
Einarbeitung: die DIVI hat Empfehlungen zur Einarbeitung in der Intensivmedizin herausgegeben Link
Neuro-Monitoring bei SHT & ECMO: Expertenempfehlungen zum Neuromonitoring bei Patient:innen mit akuten Hirnverletzungen und ECMO Therapie Cho et al (2024) Link
Delir & Demenz: DGPPN (2023) Empfehlungen für das Delir- und Demenz-Screening sowie Delir-Management im Krankenhaus Link
Ketanest: die SCCC & SCSAIIC (Saudi Arabien & Skandinavien) hat eine Rapid Guideline zum Gebrauch von Ketanest mit zwei Empfehlungen herausgegeben: 1. Nicht als Monotherapie, 2. Als zusätzliche Therapie kann K. erwogen werden, oder es wird mit der üblichen Sedierung weitergemacht) Link
Was wir nicht erwähnt haben: zugegeben, die Auswahl der hier berichteten Studien ist willkürlich und interessiert Euch hoffentlich. Dennoch gibt es in jedem Newsletter Studien, die wir bewusst nicht erwähnen, weil sie u.a. im Volltext in uns fremden Sprachen, in umstrittenen Fake-Science-Verlagen, mit fragwürdigen Methoden, Ergebnissen oder Schlussfolgerungen oder aus ähnlichen Gründen publiziert worden sind. Aber auch wir lesen nicht alles: sollten wir eine erwähnenswerte Studie übersehen haben, so sind wir dankbar für einen Hinweis!
Bleibt in Bewegung und bleibt gesund Im Namen der DIVI Sektion Intensivmedizinische Frührehabilitation grüßen Sabrina Eggmann & Peter Nydahl
Dr. Sabrina Eggmann, Physiotherapeutin, MSc, Institut für Physiotherapie, Inselspital, Universitätsspital Bern, Schweiz, bzw. Monash University Melbourne, Australien
PD. Dr. Peter Nydahl, GKP, BScN MScN, Pflegeforschung und -entwicklung, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Kiel, Deutschland
News
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