Wir haben für Euch wie immer eine vielfältige Zusammenfassungen von neuen Studien zur Frührehabilitation und den Newsticker zusammengestellt.
Viel Spaß beim Lesen des Newsletters! Marina, Sabrina & Peter
STUDIEN
Gesundheitsstatus von kritisch kranken Personen einer Neurorehabilitation Diese Beobachtungsstudie untersuchte den Gesundheitsstatus von Überlebenden (n=250) einer kritischen Erkrankung von Eintritt bis zur Entlassung aus einer stationären Neurorehabilitation in Deutschland. Insgesamt erholten sich alle untersuchten Domänen – mit Ausnahme von Sensorik/Schmerzen – während der Rehabilitation, wobei 11 Patient:innen (4,4%) verstorben sind. So hatten bei Eintritt 87% eine intensivstationserworbene Muskelschwäche und bei Austritt noch 66% (was immer noch sehr hoch ist!). Kognitive Defizite, gemessen mit dem MOCA score, traten bei 65% versus 55% auf und insgesamt hatten 48% versus 29% Symptome von Angst und/oder Depression. So erstaunt es nicht, dass die Patient:innen bei Entlassung eine tiefe Lebensqualität hatten. Die Schlussfolgerung der Autor:innen trifft es sehr gut: Überlebende einer kritischen Erkrankung benötigen langfristige Nachsorgemodelle, unterstützende Versorgungstrukturen und maßgeschneiderte multidisziplinäre Langzeittherapien auch nach intensiver Rehabilitation! Wichtige Resultate, welche wohl auf den gesamten Deutschsprachigen Raum zutreffen, wobei natürlich beachtet werden muss, dass diese Kohorte stark betroffen war und dies nicht für alle kritisch kranken Personen generalisiert zutrifft. Egger, M., Finsterhölzl, M., Farabegoli, D. et al. Comprehensive assessment and progression of health status during neurorehabilitation in survivors of critical illness: a prospective cohort study. Ann. Intensive Care 14, 175 (2024). Link
Schlafstörungen Haben Schlafstörungen einen Einfluss auf das klinische Outcome bei kritisch kranken Patient:innen in Intensivstationen? Marchasson et al. haben dazu eine systematische Literaturrecherche durchgeführt. Sie basiert auf der Analyse von Polysomnographie-Daten aus drei Beobachtungsstudien mit insgesamt 131 wachen und nicht sedierten Patient:innen. Ziel war es, Schlafqualität und -quantität sowie deren Auswirkungen auf die klinischen Ergebnisse zu bewerten. Tiefschlaf blieb bei Patient:innen mit akuter respiratorischer Insuffizienz erhalten, war jedoch bei mechanisch beatmeten Patient:innen und nach Extubation reduziert. REM-Schlaf (Rapid Eye Movement) war selten und verschwand bei 50% der Patient:innen vollständig. Patient:innen ohne REM-Schlaf hatten häufiger schlechte klinische Verläufe (24% vs.9 %), definiert als Bedarf an Intubation, verlängertes Weaning (>7 Tage) oder erneute Intubation nach Extubation. Die vollständige Abwesenheit von REM-Schlaf korrelierte mit einer schlechteren Fähigkeit zur spontanen Atmung und einer erhöhten Sterblichkeit (32 % vs. 3 %). Schlafstörungen, insbesondere der Verlust von REM-Schlaf, sind bei kritisch kranken Patient:innen häufig und signifikant mit schlechten klinischen Ergebnissen verbunden. Dies könnte auf beeinträchtigte neurologische und respiratorische Funktionen zurückzuführen sein. Die Autor:innen betonen die Bedeutung, Schlaf in der Intensivmedizin stärker zu berücksichtigen. Diese Ergebnisse unterstreichen die Relevanz, Schlafqualität in der ICU zu verbessern, um potenziell bessere Ergebnisse für Patient:innen zu erzielen. Marchasson L, Rault C, Le Pape S, Arrivé F, Coudroy R, Frat JP, Bironneau V, Jutant EM, Heraud Q, Drouot X, Thille AW. Impact of sleep disturbances on outcomes in intensive care units. Crit Care. 2024 Oct 9;28(1):331 Link
Muskelverluste bei Kindern Auch Kinder, die auf Intensivstationen behandelt werden, können aufgrund der schweren Erkrankung, Sedierung, Immobilisierung und anderen Faktoren von Muskelverlusten betroffen sein. Stacey et al (2024) untersuchten in einer systematischen Übersichtsarbeit den Zusammenhang zwischen Muskelmassenverlust und der Zufuhr von Protein oder Energie bei kritisch kranken Kindern, um Strategien zur Minimierung langfristiger physischer Folgen zu entwickeln. Basierend auf einer systematischen Literaturrecherche wurden acht prospektive Kohortenstudien mit insgesamt 411 Kindern im Alter von 37 Wochen bis 18 Jahren eingeschlossen. Ultraschallmessungen zeigten einen durchschnittlichen Muskelmassenverlust von 8,9 % in den ersten 5–7 Tagen nach Aufnahme auf der Intensivstation (95 % CI: 6,6–11,4). In fünf Studien wurde Muskelatrophie als Verlust von mehr als 10 % der Muskelmasse definiert, was bei 49,2 % der Kinder auftrat. Sekundäre Analysen zeigten, dass die Proteinaufnahme häufig unter den empfohlenen 1,5 g/kg/Tag lag, was mit einem stärkeren Muskelverlust assoziiert war. Ähnliches galt für die Energiezufuhr, die in mehreren Studien ebenfalls als unzureichend beschrieben wurde. Weitere Risikofaktoren für Muskelverlust waren die Aufenthaltsdauer auf der Intensivstation, mechanische Beatmung und der Einsatz bestimmter Medikamente wie Steroide. Die Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung einer angepassten Ernährungstherapie, um Muskelabbau bei kritisch kranken Kindern zu minimieren und Langzeitfolgen zu reduzieren. Gleichzeitig verdeutlicht die hohe methodische Heterogenität der Studien die Notwendigkeit standardisierter Ansätze in zukünftigen Untersuchungen. Dieser Umfang an Muskelverlust ist mit dem von erwachsenen Patient:innen vergleichbar, unklar ist aber, ob die Folgen bei Kindern ähnlich bedeutsam sind oder ob sie sich besser als Erwachsene erholen könnten? Stacey LJ, Valla FV, Huang C, Comfort P, Chaparro CJ, Latten L, Tume LN. The relationship between muscle mass changes and protein or energy intake in critically ill children: A systematic review and meta-analysis. JPEN J Parenter Enteral Nutr. 2024 Dec 24. Link https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/39718009/
Frühmobilisierung bei neurokritisch kranken Patient:innen Patient:innen auf neurointensivmedizinischen Stationen (NICU) können nicht immer frühzeitig mobilisiert werden. Nobles et al. (2025) untersuchen in dieser Übersichtsarbeit die Herausforderungen und Chancen dieses Ansatzes. Frühmobilisierung in der NICU ist interdisziplinär und patientenspezifisch. Die Autor:innen heben hervor, dass Mobilisierung durch die Kombination von individualisierten Protokollen und Teamarbeit aus Pflege, Physiotherapie, Ergotherapie und ärztlichen Fachkräften wirksam ist. Die Ergebnisse zeigen, dass eine frühzeitige Mobilisierung funktionelle Verbesserungen bewirkt, die Aufenthaltsdauer in der Intensivstation verkürzt und Komplikationen wie ICU-AW und Delir reduziert. Problematisch sind die fehlende Standardisierung der Mobilisierungsprotokolle sowie das Fehlen spezifischer Evidenz für optimale Zeitpunkte und Intensität der Mobilisation bei neurokritisch Kranken. Mobilisierungsstrategien können die langfristige Ergebnisse für neurointensivmedizinische Patient:innen verbessern. Die Integration innovativer Technologien wie Virtual-Reality-Rehabilitation wird als potenzieller zukünftiger Fortschritt beschrieben. Nobles K, Cunningham K, Fecondo B, Closs SM, Donovan K, Kumar MA. Mobilization in Neurocritical Care: Challenges and Opportunities. Curr Neurol Neurosci Rep. 2024 Dec 26;25(1):13 Link
Krankenhaus-assoziierte Dekonditionierung Die Übersichtsarbeit von Welch et al. (2024) untersucht Krankenhaus-assoziierte Dekonditionierung (KAD) als eine globale Herausforderung für Körper und Geist. Die Forschungsfrage bezieht sich auf die Auswirkungen von KAD auf ältere Menschen und mögliche Interventionen zu deren Prävention. Welch et al. (2024) führten eine umfassende Literaturübersicht durch und analysierten, wie physische und kognitive Dekonditionierung, einschließlich akuter Sarkopenie und Delir, während Krankenhausaufenthalten auftreten und sich gegenseitig beeinflussen. Die Ergebnisse zeigen, dass KAD häufig bei älteren, gebrechlichen Patient:innen auftritt und erhebliche langfristige Folgen wie erhöhte Pflegebedürftigkeit und Mortalität hat. Präventive Maßnahmen, wie die Nutzung eines "Frailty Care Bundle", das Mobilisation, Ernährung und kognitive Stimulation umfasst, wurden als vielversprechend identifiziert. Limitierend für die Studienlage sind jedoch die Heterogenität der Interventionsansätze und der Mangel an standardisierten Diagnose- und Überwachungswerkzeugen. Die Autor:innen schließen, dass multidisziplinäre Ansätze und individualisierte Behandlungsstrategien erforderlich sind, um KAD effektiv zu adressieren. Für die Intensivmedizin und -therapie in Deutschland unterstreicht die Studie die Notwendigkeit, KAD als systemisches Problem wahrzunehmen und umfassende Präventionsprogramme zu integrieren. Welch C, Chen Y, Hartley P, Naughton C, Martinez-Velilla N, Stein D, Romero-Ortuno R. New horizons in hospital-associated deconditioning: a global condition of body and mind. Age Ageing. 2024 Nov 1;53(11):afae241 Link
NEWSTICKER Interessante Studien, für Dich kurz zusammengefasst…
REHABILITATION
Schlaf: bei 51 Patient:innen war die subjektive Schlafqualität auf einer Skala 0-10, 10= bester Schlaf, vor der Aufnahme im Krankenhaus, in der letzten Nacht auf ICU und in der ersten Nacht auf der allgemeinen Station (Median, IQR) 6 (5-8), 5 (3-7), 6 (4-8). Häufigste Barrieren waren Lärm, Prozeduren, Delir und Schmerz. Yee et al (2025) aus Australien Link
Schlaf II: Intensivpatient:innen berichten von Schlafstörungen aufgrund von Lärm und Prozeduren, aber auch eigene Gefühle und Sorgen lassen sie zum Teil nicht schlafen. Schlaf ist komplex und entsprechend sollten auch die Interventionen sein. Qualitative Studie von Erkoc et al (2024) aus der Türkei Link
Verbrennung: In diesem RCT wurden 58 Personen mit schweren Verbrennungen (≥ 40%) Frühmobilisation (Kraft- und Ausdauertraining) innerhalb 7 Tage nach Eintritt (inklusive Intensivstation) für 12-Wochen versus Standardtherapie (kein Training nur Bewegung) zugewiesen, wobei die Intervention zur Retention von Muskelmasse und Kraftzunahme führte. Spannender RCT aus China, welche insbesondere auch die Herausforderungen von Ländern mit tieferen Einkommen beleuchtet. Schieffelers et al. (2024) Link
Verbrennung II: die Applikation von zwei Bewegungssensoren zur Analyse verschiedener Aktivitäten war bei 5 Patient:innen mit Verbrennungen (13-31%) möglich, aber arbeitsintensiv. Machbarkeitsstudie von Dikkema et al aus den Niederlanden Link
Meilensteine: Die Meilensteine «Sitzbalance» und «Sit-to-Stand» waren die besten Prädiktoren für die zukünftige Mobilität von Patient:innen nach einem Schlaganfall. Die Studie ist limitiert durch eine sehr kleine Stichprobengrösse und ein retrospektives Design, trotzdem zeigt sie auf, wie wichtig es ist, Meilensteine festzuhalten. Vargas et al. (2024). Link
Dysphagie: Diese Meta-Analyse untersuchte Interventionen bei einer Post-Extubations Dysphagie nach einer verlängerten Intubationszeit (>48h) und fand insgesamt 10 Studien (n=1031), wobei insgesamt die Dysphagieschwere, Zeit zur oralen Nahrungsaufnahme und das Aspirationsrisiko verbessert wurden – allerdings mit einer tiefem Evidenzgrad. Chen et al. (2024) Link
Digitale Rehab: Diese Übersichtsarbeit mit 10 Studien (n=686) fand, dass eine digitale Rehabilitation nach einem Intensivstationsaufenthalt eine hohe Akzeptanz, Zufriedenheit und Benutzerfreundlichkeit hatten. Die Adhärenz variierte ziemlich. Leggett et al. (2024). Link
Adhärenz: Diese Übersichtsarbeit untersuchte wie gut/schlecht verschiedene Rehabilitationen nach einer akuten Erkrankung besucht werden, dabei fanden sie, dass eine spezifische ICU Rehab die beste Adhärenz hatte (61% versus kardiale Rehab (56%) und pulmonale Rehab (53%). Barrieren waren Transportmöglichkeiten, Distanz, Arbeitskonflikte, Patient:innenfaktoren. Boehm et al. (2024). Link
Bewegungssensoren: in der Analyse von 9 Studien mit 939 Teilnehmer:innen zeigte sich, dass das wissentliche Tragen von Bewegungssensoren alleine und in Kombination mit anderen Maßnahmen schon zu einer Erhöhung der Bewegung führen kann. Cooper et al. (2018) Link
Familienunterstützung: Bei 196 Familienmitgliedern von Intensivpatient:innen reduzierte der Caregiver Pathway (Termin mit der Intensivpflege; Unterstützungskarte; Angebot eines Telefonanrufs nach der Entlassung, Nachsorge innerhalb von 3 Monaten) im Vergleich zur üblichen Versorgung PICS-F (PTBS, Angst, Depression) in Familien von überlebenden Patient:innenen.. RCT von Watland et al (2024) aus Norwegen Link
Pädiatrie: Die Implementierung eines Mobilitätsprotokolls auf einer pädiatrischen Intensivstation führte zu einem nachhaltigen Anstieg der PT/OT-Konsultationen und Mobilisierungsraten sowie zu einer kürzeren Dauer bis zur ersten Reha-Sitzung. Domann et al (2024) aus den USA Link
Pädiatrie II: obwohl ein Delir bei Neugeborenen sehr häufig sein kann, wird nur selten danach gescreent. Die Evidenz zur Prävention und Behandlung des pädiatrischen Delirs ist noch sehr begrenzt. Übersichtsarbeit von Ruth et al (2025) Link
Neuro-ICU: In der Befragung von 180 Mitarbeitenden von Neuro-Intensivstationen in Skandinavien wurden unterschiedliche Sicherheitsindikatoren für eine frühe Mobilisierung aus dem Bett identifiziert, Hirndruck ist sehr wichtig. Ghaziani et al (2025) Link
Tiergestützte Therapie auf ITS: in einem Survey im Vereinigten Königreich konnten 30 Intensivstationen identifiziert werden, die eine tiergestützte Therapie anbieten, alle mit Hunden, meistens wöchentlich, meistens mit einer Dauer von jeweils 30-60 Minuten. Es wurden eine Vielzahl von Regulationen, Barrieren und Lösungen berichtet. Wright et al (2024) Link
Intensivtagebücher: In einer Vergleichsstudie mit 61 Intensivpatienten (inkl. historischer Kontrollen) hatte die Verwendung von Intensivtagebüchern im Vergleich zur üblichen Versorgung keine signifikanten Auswirkungen auf PTBS, Angstzustände oder Depressionen. Begrenzte Evidenz. Shibata et al. (2024) aus Japan Link
Schmerz und Sedierung: Ausgezeichnete Übersichtsarbeit mit Fokus auf den übermäßigen Einsatz von Sedierung nach der Pandemie. Boncyk et al (2024) Link
Personalisierte Musik: in der Bewertung von 14 kritisch kranken Patient:innen war das Hören von persönlicher Musik mit verschiedenen Aspekten verbunden: Bewusstsein wiederherstellen; Kognition erhalten; das Krankenhauserlebnis humanisieren; eine Quelle der Verbindung schaffen; psychisches Wohlbefinden verbessern; die Probleme der Stille lösen. Interviewstudie von Menza et al (2024) aus den USA Link
NIV-Weaning bei Kindern: in diesem Übersichtsartikel wird ein Protokoll zum Weaning von der NIV-Beatmung durch Pflegefachpersonen vorgestellt. Pons-Odena et al (2024) aus Spanien Link
TMS: Nach einer Netzwerkanalyse mit 18 RCTs von guter Qualität und 760 Patient:innen mit Dysphagie nach Schlaganfall hat die repetitive transkranielle Magnetstimulation im Vergleich zur Scheinstimulation positive Auswirkungen auf die Schluckfunktion. Wu et al (2024) Link
Fitness: gute Übersichtsarbeit zur allgemeinen kardiorespiratorischen Fitness von Brazile et al (2024) Link
Kognitive Reha: in einem Umbrella-Review zur kognitiven Rehabilitation auf und nach der Intensivstation mit 13 Meta-Synthesen, die insgesamt 29 originale Studien beinhalteten, wurden verschiedene Multikomponenteninterventionen mit kognitiven und physischen Maßnahmen identifiziert (Peer-Gruppen, Übungsmanual, Entspannungstechniken, Sudoku, TV usw.). Aufgrund der Heterogenität konnten keine Empfehlungen für bestimmte Maßnahmen, Zeitpunkte, Dauern oder Populationen gegeben werden. Holm et al. (2024) Link
Studiendesign: in einer randomisierten Studie zur Rehabilitation nach Krankenhausaufenthalt zeigte sich, dass sich die Interventions- und Kontrollgruppen beide deutlich verbesserten, und die Kontrollgruppe der Studie im Vergleich mit einer echten, „real life“ Gruppe auch besser war. Es ist nicht immer usual care drin, wo es draufsteht. RCT+ Studie von Garbin et al (2025) aus den USA Link
DELIR
Prävalenz in Schottland: Eine Sekundäranalyse von Umfragedaten vom Welt-Delir-Bewusstseinstag 2023 in Schottland zeigt eine hohe Rate an validierten Delir-Assessments, 4AT wird am häufigsten verwendet, 22% von 3.257 Patient:innen waren morgens delirant, außerdem Daten zum Delirmanagement und -barrieren für eine effektive Versorgung in ganz Schottland: Naeem et al (2024) Link
Delir & Familie: Die Intervention zur Re-Orientierung durch die Stimme eines Familienmitglieds zur Vorbeugung und Behandlung von Delir bei Intensivpatient:innen war durchführbar und wurde von Patient:innen, Angehörigen und Mitarbeitenden positiv bewertet. Johnson et al. (2024) aus Australien Link
Familienzentrierte Versorgung: nach der Analyse von 11 RCT mit 3352 reduziert bei Intensivpatient:innen eine familienzentrierte Versorgung im Vergleich zur üblichen Versorgung die Risiken für ein Delir um fast die Hälfte (OR 0,54 (95%CI 0,36-0,81). Meta-Analyse von LV et al (2024) Link
CAM-IMC: Bei 155 IMC-Patienten hatte das Screening auf Delir mit neuer CAM-IMC eine ausgezeichnete Sensitivität von 0,96 (CI95%:0,87-1,00) und eine Spezifität von 0,94 (CI95%:0,92–0,96), die Interrater-Reliabilität betrug 0,80 (CI95%:0,69–0,91). Günther et al (2024) aus Oldenburg Link
ICU Design: In einer Pilotstudie mit 64 Intensivpatient:innen könnte ein Aufenthalt in einem Raum mit verändertem Intensivdesign inkl. dynamischer Lichttherapie im Vergleich zu einem Aufenthalt in einem Standardzimmer den Verlauf von AChE und BChE beeinflussen und möglicherweise den Tag-Nacht-Rhythmus verbessern. Schmidt et al. (2024) aus der Charite, Berlin Link
Prävention: das Zentrum für Qualität in der Pflege bietet freie Informations- und Schulungsmaterialien zum Delir bei älteren Patient:innen im Krankenhaus an. Link
KI zur Delirprävention: In einem Protokoll wird berichtet, wie KI die Ergebnisse der CAM-ICU, Risikofaktoren, Interventionen und Checklisten an Pflegefachpersonen vorgeschlagen werden kann. Gut gedacht, aber nicht überall, wo KI draufsteht, ist auch KI drin. Protokoll von Zhang et al (2024) aus China Link
Mortalität: in der retrospektiven Analyse von 8.950 Intensivpatient:innen, von denen 26% delirant waren, zeigte sich, dass betroffene Frauen ein 16% höheres Risiko hatten, innerhalb von 30 Tagen zu versterben. Aufgrund der sehr heterogenen Studienlage zu Geschlecht und Delir ist mehr Forschung notwendig. Schreiber et al (2024) aus Österreich Link
Neuro: bei 139 Patient:innen nach Schlaganfall zeigte das neue Assessmentinstrument Fluctuating Mental Status Evaluation (FMSE – nicht zu verwechseln mit FSME, kleiner Scherz am Rande) mit 5 fluktuierenden Aspekten zu Bewusstsein, Orientierung, Aktivität, Denken, Aufmerksamkeit vs. Experteneinschätzung anhand DSM-V Kriterien eine gute Sensitivität, Spezifität und Genauigkeit, auch bei Aphasie. Interessant. Reznik et al (2024) aus den USA Link https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/39365697/ plus Editorial von Devlin und Riker (2024) Link
Delir-Outcome: das primäre Outcome von Interventionsstudien zum Delir sollte die Schwere des Delirs sein. Empfehlungen für zukünftige Studien vom NIDUS Netzwerk (2024) Link
Stroke: Die Meta-Analyse der globalen Prävalenz von Delir nach Schlaganfall mit 48 Studien mit moderater Evidenz und >3 Mio. Patient:innen ergab 24% (18%-30%), wobei verschiedene Risikofaktoren identifiziert wurden. Mukminin et al (2025) Link
OUTCOME
Outcome-Set: zentrale Outcomeparameter für erwachsene Patient:innen auf der allgemeinen Intensivstation sollten das Überleben, frei von lebenserhaltenden Maßnahmen, frei von Delir, aus dem Krankenhauses entlassen, gesundheitsbezogene Lebensqualität und kognitive Funktionen umfassen. Internationale Delphi-Studie von Nørregaard Kjær et al (2025) aus Dänemark Link
HABC-M SR: die Befragung von ARDS Überlebenden mit dem Healthy Aging Brain Care Monitor Self Report (HABC-M SR) zur Identifikation eines Post-Intensive-Care Syndroms zeigt eine gute Übereinstimmung mit anderen Assessments, allerdings im cognitiven Bereich. Savsani et al. (2024) aus den USA Link
PICS: gute Übersichtsarbeit in Deutsch zum Post-Intensive-Care Syndrom. Intensivmediziner:innen sollten Langzeitfolgen bereits bei der Behandlung auf der ITS berücksichtigen und eine aktive Rolle in der Nachsorge übernehmen. Hierzu gehört die Vermittlung in spezialisierte Nachsorgeambulanzen, um die funktionellen und psychischen Defizite gezielt zu adressieren. Paul et al (2024) Link
Chronic Critical Illness: Ab wann wird eine kritische Erkrankung persistierend, bzw. chronisch? In diesem Scoping Review inl. 99 Studien wurde es meist über die Aufenthaltsdauer auf Intensivstation >14 Tagen definiert, aber Definitionen, Epidemiologie und Outcome sind sehr heterogen. Ohbe et al. (2024) Link
Notaufnahme: in der Analyse von über 5 Millionen Patient:innen in Notaufnahmen im Vereinigten Königreich zwischen 2016-2018 zeigte sich bei einer generellen 30-Tage-Mortalität von 8,7%, dass die Mortalität nach 5 Stunden Wartezeit deutlich ansteigt; pro 82 Patient:innen mit einer Wartezeit zwischen 6-8h verstirbt ein:e Patient:in zusätzlich nach 30 Tagen. Die Situation der Notaufnahmen im NHS ist durch die Presse gegangen – wie sieht es bei uns aus? Jones et al (2024) Link
Nachsorge: Faktoren, die bei der Gestaltung postklinischer Interventionen zur Unterstützung der Genesung von kritischen Erkrankungen zu berücksichtigen sind. Übersichtsarbeit von Stewart et al (2025) Link
GEMISCHTES
Sedierung, Schlaf, Kommunikation: Sedierung, Schlafförderung sowie nonverbale und verbale Kommunikationstechniken bei kritisch kranken intubierten oder tracheotomierten Patient:innen in Deutschland. Waydhas et al. (2022) Link
Erleben der Fixierung: es wurden 15 Familienangehörige zur Fixierung interviewt. Die Ergebnisse zeigten drei Hauptthemen: 1) Barrieren zur Fixierungsminimierung umfassten Patientenagitation, begrenztes Wissen über Alternativen und klinisches Umfeld, während Unterstützungsfaktoren die Einbindung der Familie und weniger restriktive Maßnahmen wie Handschuhe waren. 2) Entscheidungen zur Fixierung wurden oft ohne Einbezug oder Information der Familie getroffen. 3) Die emotionale Belastung durch Fixierungen war für Familienmitglieder erheblich, begleitet von Trauer und Schock. Qualitative Studie von Alostaz et al (2025) aus Kanada Link
New Early Warning Scores: NEWS müssen erfasst, wahrgenommen, interpretiert, beantwortet und reflektiert werden. Kritische Punkte sind die Delegation der Überwachung von Vitalparametern an Hilfspersonal, was zu Unsicherheit und verzögerter Eskalation führt, das übermäßige Vertrauen von jungen Pflegefachpersonen in NEWS und die Achtung vor der Expertise sowie das Selbstmanagement der leitenden Pflegefachpersonen bei sich verschlechternden Patient:innen. Nadaf et al (2024) aus dem Vereinigten Königreich Link
Neuro-Intensivstation: ein Überblick über die Geschichte der Neuro-Intensivstation (im internationalen Kontext oft mit Neurologie und Neurochirurgie kombiniert). Ader et al (2024) Link
Mobile Stroke-Unit: bei 19.000 Patient:innen mit Verdacht auf Schlaganfall führte die Behandlung in einer mobilen Stroke-Unit inklusive systemischer Thrombolyse im Vergleich zum üblichen Procedere in einer Notaufnahme zu einer geringeren Unabhängigkeit und verbesserten Gehfähigkeit bei Entlassung, Differenz signifikant, aber sehr gering, Evidenz gering. Grory et al. (2024) aus den USA Link
Eisspray: Bei 130 elektiven chirurgischen Patient:innen war Kryospray im Vergleich zu Placebo vor der venösen Punktion wirksam bei der Schmerzlinderung während der venösen Kanülierung. RCT von Pedersen et al (2024) aus Dänemark Link
Guillain-Barre-Syndrom: Gute Übersichtsarbeit zu GBS mit Ätiologie, Inzidenz, Symptomen, Diagnose, Therapien, Outcome und offenen Forschungsfragen. Leonhard et al (2024) Link
Hyperkaliämie: nach der Meta-Analyse von 101 Studien zur Behandlung von Hyperkaliämie zeigten sich Insulin mit Glucose, Salbutamol zur Inhalation, Salbutamol i.v. gelöst in Glucose als effektiv bei geringer Gewissheit, um im Mittelwert Kalium um 0,7 – 1,2 mmol/l zu senken. Die Gabe von Bikarbonat hatten keine Effekte. Jessen et al (2025) Link
Ernährung: gute Übersichtsarbeit zur Ernährung von kritisch kranken Patient:innen. Reignier et al (2024) Link
Sonographie im Weaning: kann sehr nützlich sein: Belüftung, Ergüsse, Zwerchfell, Herzfunktion, Abdomen und mehr lässt sich untersuchen und beurteilen. Kleine Übersichtsarbeit von Tuinman et al (2025) Link
Bewegung für ein langes Leben: ein Konsensuspapier zur optimalen Dosierung von Bewegung (sowie Ernährung, Medikamenten, Lebensstilen), um mit guter Lebensqualität alt zu werden. Tolle Abbildungen, 700 Referenzen. Izquierdo et al (2025) Link
Sicherheit der KI: Künstliche Intelligenz wird zurzeit sehr gehypt, KI macht aber auch Fehler. KI-Fehler umfassen Modellabweichung, algorithmische Fehler, Verzerrungen, Überanpassung, Halluzinationen und falsche Vorhersagen, die Entscheidungen beeinflussen können. Die Sicherheit von KI in der klinischen Praxis kann durch gemeinsame Verantwortung, Governance-Strukturen und kontinuierliches Monitoring gewährleistet werden. Risiken wie Modellabweichungen und algorithmische Fehler sollen durch praxisnahe Tests, Schulungen und transparente Prozesse minimiert werden. Editorial von Sittig et al (2024) Link
Kultursensible Kommunikation: in einem Delphiverfahren wurden 13 Empfehlungen zur kultursensiblen Kommunikation mit Familien von Patient:innen am Lebenswende entwickelt, u.a. die Familien bei der Durchführung kultureller, spiritueller und religiöser Rituale und Bräuche zu unterstützen, die Beteiligung von Familien an Diskussionen über Behandlungseinschränkungen zu fördern und Fachkräften Zugang zu Weiterbildungsangeboten über kultursensible Kommunikation zu ermöglichen. Brooks et al (2025) aus Australien Link
Kindheitserfahrungen: wir ahnten es und es ist zumindest bei über 25.000 Zwillingen aus Schweden belegt: traumatisierende Kindheitserfahrungen (Gewalt in der Familie, sexueller Missbrauch, Entführungen, Vernachlässigung u.a.) führen eher zu späteren psychischen Störungen wie Alkohol- und Drogenmissbrauch, Angst, Depression und anderen Störungen (OR 1,5 bis 3,0). Danielsdottir et al (2024) Link
ADHS: die Prävalenz von ADHS liegt bei Schulkindern bei 5%, im Erwachsenenbereich bei 2-5%. Eine Meta-Analyse mit 113 RCT und 14.887 erwachsenen Teilnehmenden kommt zu ernüchternden Ergebnissen bzgl. Wirksamkeit, Adhärenz, Langzeiteffekten und Heterogenität von pharmakologischen und nicht-pharmakologischen Interventionen/Therapien. Versuch macht klug. Ostinelli et al. (2024) Link
Studien interpretieren: Empfehlungen, wie randomisierte klinische Studien interpretiert werden können, um ihren Nutzen für die klinische Praxis zu überprüfen: 1) Wären meine Patient:innen in die randomisierte kontrollierte Studie (RCT) eingeschlossen und repräsentiert worden? 2) Ist die Intervention umsetzbar? 3) Gibt es Gefahren für die interne Validität der Ergebnisse der RCT? 4) Sind die Ergebnisse der RCT aussagekräftig? Kearney et al (2024) Link
KI & MOCA: “Mit Ausnahme von ChatGPT 4o zeigten fast alle großen Sprachmodelle, die dem MoCA-Test unterzogen wurden, Anzeichen einer leichten kognitiven Beeinträchtigung“. Dayan et al. (2024) in der BMJ Weihnachtsausgabe Link
LEITLINIEN / POSITIONSPAPIERE
Nachhaltigkeit: die erste deutsche S1-Leitlinie zur Nachhaltigkeit in der Intensiv- und Notfallmedizin mit 73 Empfehlungen zur Umsetzung von nachhaltigen Ansätzen. Sie betreffen sowohl das interprofessionelle Team der Bereiche als auch die Organisationsstruktur des Krankenhauses. König et al (2024) Link
Outcome der Rehabilitation: Entwicklung eines Sets von Outcomeparametern für Studien zur physischen Rehabilitation bei kritischer Erkrankung: physische Funktion, Aktivitäten des täglichen Lebens, Überleben, gesundheitsbezogene Lebensqualität, körperliche Leistungsfähigkeit, kognitive Funktionen, emotionales und geistiges Wohlbefinden und Gebrechlichkeit. Expertenkonsens von Conolly et al (2024) Link
Sichere Ernährung: Expertenkonsens und Zusammenfassung der Ergebnisse des Internationalen Gipfels zur Sicherheit und Qualität der parenteralen Ernährung. Ayers et al (2024) Link
ZVK-Infektionen: Die International Society for Infectious Diseases hat ein Positionspapier zur Prävention von ZVK-assoziierten Infektionen herausgegeben. Rosenthal et al (2024) Link
Neuro-Monitoring bei ECMO: Empfehlungen der ELSO (Extracorporeal Life Support Organization) für Patient:innen mit Hirnverletzungen und ECMO zum Neuromonitoring, Prognostizierung und Nachsorge. Cho et al (2024) Link
Monitoring gastrointestinale Funktionen: zentrale Parameter zur täglichen Überwachung der gastrointestinalen Funktionen bei erwachsenen, kritisch kranken Patienten. Delphiestudie von Bachmann et al (2024) Link
Was wir nicht erwähnt haben: zugegeben, die Auswahl der hier berichteten Studien ist willkürlich und interessiert Euch hoffentlich. Dennoch gibt es in jedem Newsletter Studien, die wir bewusst nicht erwähnen, weil sie u.a. im Volltext in uns fremden Sprachen, in umstrittenen Fake-Science-Verlagen, mit fragwürdigen Methoden, Ergebnissen oder Schlussfolgerungen oder aus ähnlichen Gründen publiziert worden sind. Aber auch wir lesen nicht alles: sollten wir eine erwähnenswerte Studie übersehen haben, so sind wir dankbar für einen Hinweis!
Bleibt in Bewegung und bleibt gesund Im Namen der DIVI Sektion Intensivmedizinische Frührehabilitation grüßen Marina Ufelmann, Sabrina Eggmann & Peter Nydahl
Marina Ufelmann, FGKP, BScN, MScN, ANP und stellv. Sprecherin der DIVI Sektion Intensivmedizinische Frührehabilitation, Klinikum rechts der Isar in München, Deutschland
Dr. Sabrina Eggmann, Physiotherapeutin, MSc, Institut für Physiotherapie, Inselspital, Universitätsspital Bern, Schweiz, bzw. Monash University Melbourne, Australien
PD. Dr. Peter Nydahl, GKP, BScN MScN, Pflegeforschung und -entwicklung, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Kiel, Deutschland
News
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