Wir hoffen, dass es Euch allen gut geht. Wir haben für Euch wie immer eine interessante Sammlung von neuen Studien zur Frührehabilitation, und den Newsticker und Hinweisen auf Webinare zusammengestellt, diesmal als Bonus: Gamification!
Viel Spaß beim Lesen des Newsletters! Sabrina & Peter
GAMIFICATION
Weihnachtsspecial: Kartenspiel "FRÜHREHA" Stefan Nessizius hat ein Lernkartenspiel zum Thema Frühreha entwickelt. Als Basis dienen das 3-stufige "Innsbrucker Mobilisationskonzept" und die Belastungskriterien aus dem Elsevier-Buch "Frührehabilitation in der Intensivmedizin". Ziel des Spiels ist es, 3 fiktive Patient:innen zu mobilisieren, indem Voraussetzungen, Maßnahmen und Belastungskriterien gesammelt werden (grüne Karten). Mit Ereignissen (rote Karten) können die Spielgegner*innen gestört werden (z.B. ungeplante Untersuchung - 1x aussetzen). Das Kartenspiel ist unter der Creative Common Lizenz (CC-BY-NC-ND 4.0) frei verfügbar. Bei Interesse bitte ein Mail direkt an stefan.nessizius(at)tirol-kliniken.at senden. Ihr bekommt kostenlos die Spielkarten-PDFs für Vorder- und Rückseite (im richtigen Format 59x91mm) sowie eine genaue Anleitung gemailt. Das Spiel kann dann bei diversen Onlinedruckereien (z.B. www.meinspiel.de) bestellt werden. VIEL SPASS & FROHE WEIHNACHTEN!
Adventskalender zur Frührehabilitation Die DIVI Sektion Intensivmedizinische Frührehabilitation hat einen Adventskalender zur Frührehabilitation entwickelt: hinter jedem der 24 Türchen verbirgt sich eine kleine, meist machbare Übung zur Frührehabilitation, wie „Male auf Papier einen Weihnachtsbaum“, „Halte ein Weihnachtsgeschenk oder Kissen mit gestreckten Armen für 30 Sekunden hoch“, oder „Klopfe den Refrain von Oh Du Fröhliche auf den Tisch!“ und andere. Die meisten Übungen sind für beatmete wie nicht-beatmete Patient:innen möglich und müssen an die jeweiligen Bedingungen angepasst werden, Patient:innen benötigen einen gewissen Kraftgrad, bzw. und müssen in der Lage sein, die Übungen zu verstehen. Der Kalender hat Vorder- und Rückseite, kann beidseitig ausgedruckt werden und am jeweiligen Tag einfach umgedreht werden. Er kann auf Station am Bett der jeweiligen Patient:innen, bzw. an der Wand aufgehängt werden. Der Kalender kann natürlich auch auf anderen Stationen eingesetzt werden. Die Idee stammt ursprünglich von Kezia Marshall aus dem Vereinigten Königreich und wurde von Kate Tantam über Social Media verbreitet. Unsere Sektion unter Mitarbeit von P. Nydahl, B. Bohlen, T. Deffner, S. Eggmann, S. Filipovic, C. Hermes, M-M. Jeitziner, A. Kaltwasser, S. Köppen, E. Kühlmorgen, S. Nessizius, T. Ottens, D. Schindele und M. Ufelmann hat die Idee aufgegriffen, weiterentwickelt und so viele Ideen gesammelt, dass wir Material für Kalender für 2024, 2025 und 2026 haben! Der Kalender ist hier als pdf downloadbar: DIVI (Deutsch & Englisch) und ICU-rehab (Deutsch, English, Portugiesisch, Polnisch, Russisch) Florian Schimböck hat sogar eine elektronische online-Version entwickelt, die aber erst ab dem jeweiligen Datum funktionieren wird (also wie damals in Geduld üben): Link zum pdf mit Erläuterungen und direkt zum Kalender Wir wünschen damit eine bewegte Adventszeit!
STUDIEN
Bettfahrradfahren könnte körperliche Funktion verbessern Ein neues systematisches Review mit 33 randomisierten kontrollierten Studien und 3274 Patient:innen welche >24 Stunden auf der Intensivstation hospitalisiert waren untersuchte den Effekt des Bettfahrradfahrens gegenüber einer Kontrollgruppe ohne Bettfahrrad. Insgesamt wurde die Mehrheit der Studien in einzelnen Zentren durchgeführt, nur gerade 3 Studien waren multizentrisch. Die meisten Studien untersuchten zudem ein Fahrradtraining mit standardisierter Physiotherapie (33%) oder in einem Interventions-Bundle (45%). Der primäre Outcome war die körperliche Funktion, wobei unterschiedliche Assessments berücksichtigt wurden. Demnach verbesserte Fahrradfahren die körperliche Funktion (PFITs, IMS, FSS-ICU) bei Verlegung von der Intensivstation sowie nach Krankenhausentlassung (SF-36), aber nicht beim Krankenhausaustritt (PFITs oder 2/6-Min Gehtest). Fahrradfahren verkürzte die Aufenthaltsdauer auf der Intensivstation um 1 Tag und im Krankenhaus um 1.5 Tage. Es gab keinen Effekt auf die Mortalität oder auf unerwünschte Ereignisse (1% über alle Sitzungen). Die Resultate sind allerdings mit Vorsicht zu interpretieren, da bei den meisten Outcomes nur eine tief bis moderate Sicherheit (GRADE) vorlag. Insgesamt haben auch nur 36% aller involvierten Studien ihre Intervention klar und nachvollziehbar dokumentiert. Trotzdem stimmen die Resultate zuversichtlich, dass Fahrradfahren gerade zu Beginn eine sinnvolle Rehabilitationsmaßnahme ist insbesondere beim Vorliegen einer Kontraindikation zur Frühmobilisierung an die Bettkante oder in den Lehnstuhl.
Personalisierte Pflege und Therapie Heutzutage sind eine personalisierte Pflege und Therapie auch auf der Intensivstation in aller Munde. Aber wie geht eine personalisierte Frührehabilitation konkret? Das dreiköpfige Autor:innen-Team aus der UK ging dieser Frage mittels qualitativer Auswertung von Fokusgruppen mit jeweils je vier Physiotherapeut:innen nach. Von den insgesamt 12 Therapeut:innen waren auch 4 Student:innen dabei. In den Resultaten zeigte sich, dass erfahrene Physiotherapeut:innen eher personenzentriert vorgingen. Die identifizierten Themen waren: 1) Partner in der Rehabilitation werden, 2) Menschsein verbindet, 3) auf Bedürfnisse eingehen und 4) ein unterstützende Umgebungskultur. Dabei soll sich eine patientenzentrierte Rehabilitation über den Intensivstationsaufenthalt entwickeln und eine ausgeglichene Entscheidungskultur mit der kranken Person entwickeln (shared-decision-making). Eine personenzentrierte Rehabilitation beinhaltet den Menschen hinter der Maschine zu würdigen, zu verstehen mittels Kommunikation und Familienintegration, aber auch emotional in den Menschen zu investieren und manchmal von der professionellen Rolle wegzutreten und einfach als Mensch auf die Bedürfnisse der Patient:innen eingehen. Dazu braucht es Teamwork zwischen allen Disziplinen.
Neuer Stufenplan zur Mobilisierung In einer Beitrag für ICU Management & Practice haben wir einen neuen/alten Stufenplan zur Frühmobilisierung entwickelt, der auf Morris 2011 und Schaller 2016 et al. basiert. Der Stufenplan kombiniert ein einfaches Assessment von Bewusstsein und Muskelkraft mit der ICU Mobility Scale mit der Empfehlung, die Dosierung entsprechend anzupassen. Kurzum: je wacher und kräftiger eine Person ist, desto weiter, länger, häufiger und aktiver kann sie in der Mobilität unterstützt werden. Die Mobilisierung erfolgt nach Ein- und Ausschlusskriterien (Ampelsystem) und angepassten Sicherheitskriterien. Gerade Pflegefachpersonen auch Mediziner:innen sind trotz ihrer fachlichen Exzellenz mitunter sehr vorsichtig in ihrer Einschätzung der Mobilisierbarkeit. Dieser Stufenplan kann die Professionen dabei unterstützen, die Mobilisierung zu optimieren und selbst echte Rehab-Legends zu werden. Der Stufenplan kann natürlich durch weitere Konzepte wie CPAx usw. ergänzt werden!
A2F Compliance: Die Elemente des ABCDEF Bundles sind gut definiert und lassen sich anhand der üblichen Dokumentation eigentlich gut überprüfen. In einer Evaluation mit Mediziner:innen, Pflegefachpersonen, Physio- und Ergotherapeut:innen wurde allerdings deutlich, dass die Compliance zwischen den Professionen sehr unterschiedlich und am besten für Frühmobilisierung und Sedierung ist. Es sei noch Luft nach oben. Wie das bei uns wohl ist? Munoz-Munoz et al (2024) aus Chile Link
Adhärenz zu Qualitätsindikatoren: in einer Analyse von 20.220 Intensivpatient:innen war die Adhärenz zu den DIVI Qualitätsindikatoren für Sedierung, Analgesie und Delir mit einer signifikant mehr Einnahmen, weniger Kosten, reduzierter Beatmungsdauer und weniger Tage im Krankenhaus verbunden. Die DIVI Qualitätsindikatoren eben. Zuber et al (2024) Link
Rehab in Skandinavien: in einer Umfrage mit 518 meist Pflegefachpersonen aus Dänemark, Schweden und Norwegen wurde deutlich, dass die meisten unter Rehabilitation einen interdisziplinären, multidimensionalen, ganzheitlichen 24h-Ansatz verstehen. Häufige Inhalte sind Frühmobilisierung, Sedierungsminimierung, Weaning, Ernährung und Oralisierung, Frühförderkonzepte wie Basale Stimulation, psychologische und kognitive Rehabilitation, Unterstützung in der Kommunikation und ADL, Integration der Familie, Nachsorge und follow-up Besuche inklusive Tagebücher. Ein breites Angebot! Nielsen et al (2024) Link
ICUAW: in dem Umbrella-Review mit 18 systematischen Übersichtsarbeiten zu ICUAW wurden 24 modifizierbare und nicht modifizierbare Risikofaktoren für ICUAW kategorisiert; dabei wurden nicht modifizierbare Faktoren wie höheres Alter, weibliches Geschlecht und Multiorganversagen konsistent mit ICUAW in Verbindung gebracht, während modifizierbare Faktoren wie die Anwendung von neuromuskulären Blockern und Hyperglykämie widersprüchliche Ergebnisse lieferten. Fuentes-Aspe et al (2024) Link
ICUAW II: in einer quasi-experimentellen Pilotstudie mit 42 beatmeten Intensivpatient:innen führte die stufenweise von Pflegefachpersonen mobilisiert im Vergleich zur üblichen Versorgung zu mehr Muskelkraft und könnte das Auftreten einer ICUAW verhindern. Azevedao et al (2023) Aus Portugal Link
Rehab bei ECMO: eine chinesische Gruppe berichtet nach Einführung eines individualisierten Rehabilitationsprogramms von einer Zunahme der Zwerchfelldicke bei insgesamt 45 Intensivpatient:innen mit VV-ECMO (22 vor, 23 nach Einführung) und einer kürzeren Dauer der ECMO. Die Autor:innen empfehlen daher ihr Programm. Mit Ausnahme dieser beiden Aspekte konnten keine weiteren bedeutsamen Unterschiede (Tage mit Beatmung, auf Intensivstation/Krankenhaus, Überleben, Mobilisierungsrate/-level) festgestellt werden, mögliche beeinflussende Faktoren wie Protokolle usw. werden nicht berichtet. Liu et al (2024) aus China Link
Rehab bei ARDS: Bei Patient:innen mit ARDS führt eine frühe Rehabilitation auf der Intensivstation zu einer Reduzierung der ICUAW und der Verweildauer, weiterhin sollten mit Patient:innen individuelle Ziele abgesprochen werden, die Familie integriert und für eine weiterführende Reha auch nach der Intensivstation gesorgt werden. Schöne Übersichtsarbeit von Paton & Hodgson (2024) Link
Mobilisationsprotokoll: Eine brasilianische, randomisierte kontrollierte Studie fand ein signifikant höheres Mobilisierungslevel von Tag 1 zu Tag 7 mit einem strukturierten Vorgehen gegenüber der Standardtherapie (n=70). De Paula et al. (2024) Link
Weaningprotokolle: in einer Machbarkeitsstudie mit 128 beatmeten Intensivpatient:innen wurde die Anwendbarkeit von Weaningprotokollen durch Atmungstherapeut:innen untersucht, hierbei nahm die Dokumentations-, Durchführungs- und Protokollbefolgung signifikant zu. Die Extubations- und Re-Intubationsrate blieben unverändert, Beatmungsdauer wird nicht berichtet. Linke et al (2024) aus den USA Link
Intensivtagebücher: in der Befragung von 88 Intensivüberlebenden, für die Intensivtagebücher geschrieben worden sind, berichtete die Mehrheit, dass das Tagebuch ihnen geholfen hat zu verstehen wie schwer krank sie gewesen sind; ein paar wenige wollten die Zeit lieber vergessen, aber fast alle Patient:innen empfahlen, weiterhin Tagebücher zu schreiben. Högvall et al (2024) aus Norwegen Link
Schaden durch Intensivtagebücher: in der Meta-Synthese von 27 Studien zum potentiellen Schaden durch das Schreiben und Lesen von Intensivtagebüchern bei kritisch kranken Patient:innen, ihren Familien und Gesundheitsfachkräften wurde deutlich, dass der Gebrauch von Tagebüchern zu keinem nachhaltigen Schaden führt, aber mit intensiven Emotionen wie Aufregung oder auch Weinen verbunden sein kann, die gesunde Bewältigungsstrategien auf Stressreaktionen darstellen. Exl et al (2024) Link
Sollten wir KI zum Schreiben von Intensivtagebüchern verwenden? Interessante pro/con Debatte mit unterschiedlichen Standpunkten. Pro (Peschel et al) Link Con (Egerod) Link
Posttraumatisches Wachstum/Scheitern: in einer mixed-methods Analyse mit 26 pädiatrischen Intensivpatient:innen zwischen 6 bis 12 Jahren und ihren Eltern wurden grundlegend zwei mögliche Wege des Umgangs mit der Intensiverfahrung identifiziert: (posttraumatisches) Wachstum oder Scheitern. Beide Wege sind beeinflussbar, daher empfehlen die Autor:innen frühzeitigen psychologischen Support der Kinder und ihren Eltern. Liu et al (2024) aus China Link
Musik: in der Analyse von Interviews zum Hören personalisierter Musik während der Beatmung berichteten 14 Intensivpatient:innen, dass die Musik ihnen geholfen hat, ihr Bewusstsein wiederzuerlangen, ihre kognitiven Fähigkeiten zu aktivieren, die Krankenhauserfahrung zu humanisieren, eine Verbindung zur Außenwelt herzustellen, das persönliche Wohlbefinden zu verbessern und die Probleme der Stille zu lindern. Menza et al (2024) Link
DELIR
Delir & Ursachen: das Delir ist ein Syndrom mit verschiedenen pathophysiologischen Mechanismen wie Die pathophysiologischen Mechanismen des Delirs umfassen neuroinflammatorische Prozesse, Dysbalance der Neurotransmitter, abnormale Gehirnfunktionen, neuroendokrine Störungen, die oxidative Stresskaskade und die Dysregulation des intestinalen Mikrobioms. Übersichtsarbeit von Fan et al (2024) Link
Re-Orientierung: In einem Co-Design mit ehemaligen Patient:innen, Angehörigen und Mitarbeitenden wurden re-orientierende Botschaften für Patient:innen im Delir entwickelt, wichtig ist dabei der Inhalt, die Formulierung, Reaktionen und der Ton. Johnson et al (2024) aus Australien Link
Re-Orientierung in 11 Sprachen: unabhängig von der vorherigen Publikation hat ein Team von ehemaligen Patient:innen und Mitarbeitenden einen Flyer mit re-orientierenden Botschaften für Patient:innen im Delir entwickelt. Die Botschaften können bei dem Erleben von Sicherheit und Orientierung, positiver Bedeutungsgebung von Geräuschen und Körpererfahrungen, dem Umgang mit Agitation und der Umdeutung von Wahrnehmungen helfen. Im Supplement ist der Flyer in 11 Sprachen und kann gerne im eigenen Haus verwendet werden. Nydahl et al (2024) Link
Schmerz: in der Analyse von 30 Studien mit >9.000 postoperativen Patient:innen war Schmerz mit einer geringen Gewissheit mit einem postoperativen Delir assoziiert (RR 1.26, 95%CI 1.17 bis 1.35), ein Dosis-Wirkungszusammenhang ist hierbei wahrscheinlich, kann durch die Beobachtungsstudien aber nicht bewiesen werden. Khaled et al. (2024) Link
Pädiatrie: Überblick über verschiedene Assessments zur Feststellung eines Delirs in der Pädiatrie sowie eine Untersuchung zur Akzeptanz und Barrieren bzgl. der Implementierung. Schöne Arbeit von Lindemann-Wittke (2024) aus Deutschland Link
Demenz: in einer Kohorte von 261.123 Patient:innen in Japan, die in einem allgemeinen Krankenhaus behandelt wurden, entwickelten nach ihrer Entlassung 10.781 Patient:innen später eine Demenz, erfasst durch die Rezeptausstellung für demenzspezifische Medikamente. Bei denjenigen Patient:innen, die im Krankenhaus ein Delir hatten, betrug die Dauer von der Entlassung bis zur Rezeptausstellung 592 Tage, bei Patient:innen ohne Delir 972 Tage, was einem 5,3fach erhöhtem Risiko entspricht. Minami et al (2024) Link
OUTCOME
PICS: Nach einem Jahr hatten COVID-19-Überlebende (n=506) weniger körperliche (76,2% vs. 86,9%, p=0,001) und psychische Symptome (32,0% vs. 47,1%, p<0,001) als Nicht-COVID-19-Überlebende (n=228), wobei kognitive Symptome vergleichbar (22,5% vs. 17,2%, p=0,12) waren. Die Zahlen sind insgesamt hoch und betonen die Notwendigkeit eines Follow-Ups. Heesakkers et al. (2024) Link
PICS bei ARDS: PICS betrifft in physischer Dimension vor allem die Lungenfunktion und damit langfristig auch die allgemeine körperliche Leistungs- und Arbeitsfähigkeit, aber auch alle anderen PICS-Dimensionen. In dem Übersichtspapier wird auch ein zentrales Set von Assessmenttools vorgestellt von www.improveLTO.com. Hiser et al (2024) Link
PICS bei COVID: Von 825 hospitalisierte Patient:innen mit COVID-19 (ohne vorbestehende Limitationen) hatten 75% cardiopulmonale, 56% finanzielle, 47% funktionelle Limitationen, und 51% Fatigue nach 6 Monaten. Admon et al aus den USA (2024) Link
Peer-Support: in einer Pilotstudie nahmen von 231 überlebenden Intensivpatient:innen ein Drittel (80/231) an einer Selbsthilfegruppe teil, wobei die freiwillige Teilnahmerate an den Sitzungen sehr begrenzt war (Median 0-1). Haines et al (2024) aus Autralien Link
Gender: in der Analyse von 19.070 beatmeten Intensivpatient:innen (11.910 Männer, 7.160 Frauen) konnten keine Unterschiede in der Behandlung mit Opioiden, Sedierungsvermeidung, Stressulkusprophylaxe, Thromboseprophylaxe oder Frühmobilisierung festgestellt werden; Frauen haben weniger kontinuierliche Sedierung oder Opioide erhalten und wurden weniger physisch fixiert. Guter Anlass, um über eigene Vorurteile und Vorannahmen in der Behandlung von Patientinnen und Patienten nachzudenken. Meehta et al (2024) aus Kanada Link
Unterbesetzung: in der Analyse von 213.910 chirurgischen Fällen und den damit assoziierten Besetzung von Registered Nurses und Nursing Assistants wurde deutlich, dass eine Unterbesetzung der Pflegefachpersonen in den ersten 5 Tagen nach Aufnahme mit einer 9% erhöhten Risiko für Mortalität (10% bei Assistent:innen) und 2% für Wiederaufnahme (1% für Assistent:innen) verbunden war. Vielleicht können wir unsere Grenzen nochmal überarbeiten? Meredith et al (2024) aus dem Vereinigten Königreich Link
Unterbesetzung II: sehr lesenswert: Michael Simon zur Interpretation von Personalkennzahlen und Outcomeparametern aus pflegewissenschaftlicher Sicht, dabei wird auch Griffith’s Arbeitsgruppe erwähnt. Es zählen nicht nur Köpfe, sondern auch Qualifikationen, Berücksichtigungen der Patientenpopulationen, Disziplinen, Strukturen, Prozesse, Finanzierung und weiteres. Das macht es schwer, Daten zu generieren und vergleichen. Link
GEMISCHTES
Antiseptische Waschung: in einer randomisierten cross-over Studie mit 44 Intensivstationen in 23 Krankenhäusern in Deutschland und 93.438 Intensivpatient:innen war die Nutzung von Octenidin-getränkten Waschhandschuhen im Vergleich zu Placebo-Handschuhen ohne Wirkstoff mit einer signifikanten Risikoreduktion um 17% von Bakteriämien (vor allem bei Gram-positiven Bakterien) verbunden, hatte aber keine Wirkung auf Multiresistente Erreger. Könnte ein Gamechanger werden. Schaumburg et al (2024) Link
Absaugen: Diese Scoping-Übersichtsarbeit mit 6 Studien untersucht den Einfluss der Wiederverwendung von Einwegabsaugkathetern bei beatmeten Patient:innen und zeigt, dass es bei sehr schwacher Evidenz keine eindeutigen Belege für das Risiko von Atemwegsinfektionen gibt, jedoch die Spülung mit Chlorhexidin das Infektionsrisiko in ressourcenarmen Ländern verringern könnte. Eid et al (2024) Link
VAP: Überblick über die Evidenz nicht-pharmakologischer Methoden zur VAP-Prävention mit Hilfe zur Implementierung. Krone et al (2024) Link
Langlieger: in einem Delphi-Prozess mit 116 Gesundheitsmitarbeitenden, ehem. Patient:innen und Familien wurden 32 Qualitätskriterien für die Versorgung von Patient:innen mit längeren Intensivaufenthalten entwickelt, u.a. Verlegungsplanung, regelmäßige Fallbesprechungen, Evaluation der Rehabilitationsmaßnahmen, Weaning, ICUAW, Ernährung, Schlaf, patientenzentrierte Aktivitäten, psychologische Hilfen u.a. Allum et al (2024) aus dem Vereinigten Königreich Link
Malignes Neuroleptika Syndrom: ein seltenes und lebensbedrohliches Krankheitsbild, das durch Dopaminantagonisten, Lithium oder auch Antidepressiva verursacht werden kann. Hier ist ein ausgezeichneter Übersichtsartikel zur Pathologie, Diagnostik, Therapie, Outcome usw. Eelco (2024) im NEJM Link
BIS Monitoring: bei 99 Intensivpatient:innen führte eine Einstellung der Sedierungstiefe auf RASS -4 bis -5 mittels BIS-Monitoring vs. klinischer Einschätzung zwar zu geringeren Propofoldosen, aber nicht zu weniger Tagen im Koma, bzw. Delir; bei Patient:innen >24h könnte ein Effekt nachweisbar sein. RCT von Huespe et al (2024) aus Argentinien Link mit gutem Editorial von Jaiswal Link
Beatmungsmanagement in UK: in einem Survey in knapp 200 Intensivstationen ergaben ein aktuelles Bild des British Way of Critical Care: ARDSnet Protokoll, Bauchlage, Rekrutierungsmanöver, APRV-Beatmung, 88-92% Sättigungsziel, Propofol und Alfentanil, Physische Rehabilitation: 38,8%. Ward et al (2024). Link
Green ICU: In einer Befragung von 27 Intensivpflegefachpersonen wurde deutlich, dass die Förderung nachhaltiger Praktiken in Intensivstationen für die Umsetzung der Green ICU entscheidend ist, wobei die Auseinandersetzung mit kritischen Herausforderungen und die Förderung eines "grünen" Denkens durch Bildung und gezielte Maßnahmen im Vordergrund stehen. Bartoli et al (2024) aus Italien Link
Qualitätsmanagement: Audits, Risikomanagement, Einbeziehung von Patient:innen und Familien, Personalmanagement, Bildungsmaßnahmen und andere sind Werkzeuge, die im Rahmen des Qualitätsmanagements, die Intensivstationen nutzen können, um Risiken zu identifizieren und eine Kultur der Transparenz, Verantwortung und des gemeinsamen Lernens zu fördern, was letztlich zu einer sichereren und verantwortungsvolleren Patientenversorgung führt. Editorial von Carenzo et al (2024) Link
Menschenhandel in der Pflege: Menschenhandel ist das Anwerben, Befördern, Beherbergen, oder Aufnehmen von Menschen unter Ausnutzung ihrer Zwangslage, um sie auszubeuten. Menschenhandel findet auch in Deutschland, vor allem in der Prostitution, Baugewerbe, Industrie und auch in der Pflege statt. Beunruhigender Bericht vom Institut für Menschenrechte (2024) Link Die Opfer müssen ggf. auch selbst behandelt werden, zB in Notaufnahmen oder Entbindungsstationen, die Rate liegt in den USA bei 1% in den Notaufnahmen. Wir sollten sie erkennen können. Link Notaufnahme Link Geburtshilfe
Förderanträge schreiben: zehn zentrale Tipps zur Verbesserung der Erfolgschancen bei Förderanträgen für Pflegefachpersonen und Fachkräfte im Gesundheitswesen mit der Bedeutung des Verständnisses des Förderprogramms, der Zusammenarbeit mit dem/r richtigen Mentor:in, der Zusammenstellung eines starken Teams sowie der Sicherstellung von Neuartigkeit, Machbarkeit und einer ordentlichen Präsentation. Chan & Hart (2023) Link
LEITLINIEN / POSITIONSPAPIERE
Update der Deklaration von Helsinki: die Deklaration wurde aktualisiert, u.a. mit Berücksichtigung von benachteiligten Gruppen, dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz und Anpassung von Formeln wie „informierte Zustimmung“ zu „freie und informierte Zustimmung“ und anderem. World Medical Association: Link plus Kommentar von Bierer Link
Green ICU: Das ESICM Green Paper untersucht die Auswirkungen des Klimawandels auf die Intensivversorgung und schlägt Strategien zur Reduzierung des ökologischen Fußabdrucks von Intensivstationen vor, wobei Energieeffizienz, Abfallreduzierung, nachhaltige Beschaffung sowie Bildung und Forschung im Vordergrund stehen. De Waele et al (2024) Link
CPR auf dem Spielfeld: die Briten haben eine Best-Practice-Empfehlung zu CPR auf dem Spielfeld, bzw. Sportveranstaltungen als Ergänzung zu den bestehenden Leitlinien herausgegeben: jede Person, die beim Sport kollabiert und sich nicht sofort erholt, sollte bis das Gegenteil bewiesen ist wie ein Herzstillstand behandelt werden (=min. 3 Zyklen CPR). Smith et al (2024) Link
ESICM: Leitlinie zum Versorgung von Patient:innen am Ende des Lebens und in palliativer Versorgung auf Intensivstation Link
Adipositas: die Deutsche Adipositas-Gesellschaft e.V. (DAG) hat bei der AWMF eine neue S3 Leitlinie zur Prävention und Therapie der Adipositas herausgegeben Link Deutsche Adipositas-Gesellschaft e.V. (DAG) Link
Zum Schluss eine Studie zur Augenpflege: wir wollten Euch über eine Studie zur Augenpflege aus der Türkei berichten, bei der bei 99 älteren Intensivpatient:innen mit GCS ≤7 in einem drei-armigem RCT die Anwendung von a) künstlicher Tränenflüssigkeit (alle 6h) oder b) Lidverschluss mit Polyethylenpflasterstreifen (alle 12h) im Vergleich zu c) hypoallergenem Klebemittel (alle 12h) angeblich zu weniger trockenen Augen oder kornealen Ulcera führten, bis wir es seltsam fanden, dass die Erstautorin alle 6h über 5 Tage Augentropfen verteilt hätte, keine Interventionsdaten berichtet worden sind, d.h. wie viele Patient:innen haben tatsächlich die Intervention in vollem Umfang und Dosis erhalten, und erst in den Limitationen erwähnt worden ist, dass die Mehrzahl der Patient:innen unter Hirndruck litt und deswegen regelmäßige Pupillenkontrollen durchgeführt worden sind, die Interventionen also nicht so wie geplant umgesetzt worden sind. Am Ende wissen wir nur, dass irgendetwas – ggf auch die Unterbrechung der Interventionen – dazu führte, dass in Gruppen a und b weniger trockene Augen als in c identifiziert worden sind. Steilvorlage für einen Journalclub und Lehrstunde für Reviewer (wir waren es nicht!). Tebyanian et al (2024) Link
Was wir nicht erwähnt haben: zugegeben, die Auswahl der hier berichteten Studien ist willkürlich und interessiert Euch hoffentlich. Dennoch gibt es in jedem Newsletter Studien, die wir bewusst nicht erwähnen, weil sie u.a. im Volltext in uns fremden Sprachen, in umstrittenen Fake-Science-Verlagen, mit fragwürdigen Methoden, Ergebnissen oder Schlussfolgerungen oder aus ähnlichen Gründen publiziert worden sind. Aber auch wir lesen nicht alles: sollten wir eine erwähnenswerte Studie übersehen haben, so sind wir dankbar für einen Hinweis!
Bleibt in Bewegung und bleibt gesund Im Namen der DIVI Sektion Intensivmedizinische Frührehabilitation grüßen Sabrina Eggmann & Peter Nydahl
Dr. Sabrina Eggmann, Physiotherapeutin, MSc, Institut für Physiotherapie, Inselspital, Universitätsspital Bern, Schweiz, bzw. Monash University Melbourne, Australien
PD. Dr. Peter Nydahl, GKP, BScN MScN, Pflegeforschung und -entwicklung, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Kiel, Deutschland
News
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